: Geiseln auf Jolo warten weiter
Der philippinische Unterhändler kündigt eine Verzögerung bei der ursprünglich für heute geplanten Freilassung an. Die libysche Regierung schickt ein Flugzeug, um die Entführer abzuholen. Die Botschafter waren für die Zeremonie bereits eingeladen
JOLO afp/ap/dpa ■ Die Rebellen auf der Philippineninsel Jolo wollen ihre Geiseln offenbar doch heute noch nicht freilassen. Der Grund sei ein „kleineres Problem“, sagte gestern ein Mitarbeiter des philippinischen Chefunterhändlers Roberto Aventajado. „Es wird morgen keine Freilassung geben“, fügte der Mitarbeiter in der Stadt Zamboanga auf der philippinischen Insel Mindanao hinzu.
Ursprünglich hatte es geheißen, einige der 20 Geiseln, unter denen sich die beiden Deutschen Werner und Marc Wallert befinden, sollten heute freikommen. Aventajado hatte die Botschafter der betroffenen Staaten zuvor bereits eingeladen, an der Übergabezeremonie in Zamboanga teilzunehmen. Bei den Verhandlungen um die Freilassung der Geiseln spielt Libyen die Rolle des Vermittlers zwischen der philippinischen Regierung und der muslimischen Rebellengruppe Abu Sayyaf. Der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi sieht darin offenbar eine Chance, die internationale Isolation des Landes zu durchbrechen.
Libyen trägt nach Angaben der philippinischen Unterhändler alle Kosten der Aktion, darunter auch ein Lösegeld in nicht genannter Höhe. Die Berliner Tageszeitung Die Welt berichtet in ihrer Dienstagsausgabe unter Berufung auf den libyschen Unterhändler Abdul Rajab Assaruk, die libysche Organisation Gaddafi Charity habe 25 Millionen Dollar (mehr als 53 Millionen Mark) für 17 Geiseln bezahlt. Dieses Geld werde in Form von humanitärer Hilfe etwa für Schulen, Krankenhäuser und Plantagenaufbau in die Region fließen. Unterhändler Aventajado erklärte dazu, von dem Geld aus Libyen wisse er nur aus ausländischen Medien. Bisher wurden nach Angaben aus philippinischen Militärkreisen bereits schätzungsweise 5,5 Millionen Dollar gezahlt, unter anderem für die Freilassung von Renate Wallert und sechs Malaysier.
Trotz der Verzögerung in letzter Minute liefen gestern die Vorbereitungen zu einer Freilassung der Geiseln auf Hochtouren. Ein libysches Flugzeug, das gestern in Manila ankam, erhielt von den Behörden eine Landeerlaubnis für Zamboanga. Das ist die Stadt, in die bisher alle Geiseln nach ihrer Freilassung zunächst gebracht worden waren. Der südafrikanische Landwirtschaftsminister Ronnie Kasrils machte sich auf den Weg nach Libyen, um die Rückkehr der beiden südafrikanischen Geiseln zu erwarten. Auch eine Delegation aus dem Libanon flog in die libysche Hauptstadt Tripolis.
Die Frankfurter Allgemeine berichtete gestern, Bundesaußenminister Joschka Fischer halte sich bereit, in diesem Fall in die libysche Hauptstadt zu fliegen, um Vater und Sohn Wallert von dort nach Göttingen zu begleiten. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte nichts über ein möglicherweise bevorstehendes Ende der Geiselkrise sagen. Auch gab es keine Auskunft darüber, ob Fischer nach Tripolis reisen werde.
Philippinischen Geheimdienstberichten zufolge verließen drei Anführer der Abu Sayyaf die Insel Jolo, um eine neue Geiselnahme vorzubereiten. Eine Bestätigung für den Bericht gab es zunächst nicht. Nach Meinung philippinischer Behörden sind neue Entführungen die einzige Versicherung der muslimischen Rebellen gegen einen Militärschlag. Derzeit halten sie noch 20 ausländische und einheimische Geiseln auf Jolo gefangen, darunter eine Gruppe von christlichen Predigern.
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