: CDU für Videokameras am Zoo
Die CDU-Fraktion will vor dem Bahnhof Zoo einen zweijährigen Modellversuch zur Videoüberwachung durchsetzen. In der SPD-Fraktion gibt es vereinzelte Befürworter. SPD-Chef Peter Strieder lehnt das Vorhaben hingegen strikt ab
von DOROTHEE WINDEN
Die Salamitaktik der CDU zeigt Wirkung: Einzelne SPD-Abgeordnete lehnen einen Modellversuch zur Videoüberwachung am Hardenbergplatz nicht mehr rundweg ab. Nach den Vorstellungen der CDU-Fraktion sollen acht bis zehn Videokameras auf dem Vorplatz des Bahnhofs Zoologischer Garten installiert werden. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt, erhofft sich davon einen Rückgang bei Taschendiebstählen und Drogenhandel. Der Modellversuch, für den die CDU eigens ein Gutachten der Gesellschaft für Sicherheit und Eigentumsschutz (GSE) einholte, soll auf zwei Jahre befristet werden. Das eigentliche Ziel der CDU ist aber, die Videoüberwachung auf weitere „gefährliche Orte“ wie den Breitscheidplatz, das Kottbusser Tor oder den Hermannplatz auszuweiten.
Ob die SPD-Fraktion den Modellversuch mitträgt, ist noch offen. Die SPD-Abgeordnete Heidemarie Fischer erklärte gestern, sie würde dem Versuch zustimmen. Dieser müsse aber durch ein Bündel von Maßnahmen ergänzt werden: Der Hardenbergplatz sowie die U-Bahn-Unterführung müßten durch bauliche Maßnahmen heller und freundlicher gestaltet werden. Fischer ist der Ansicht, dass Videoüberwachung keine Probleme löst, sondern sie nur verdrängt. Dennoch will sie der SPD-Fraktion die Zustimmung zum Modellversuch vorschlagen. Darüber müsse nach der Sommerpause diskutiert werden.
SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit sprach sich gestern dafür aus, zunächst die Brandenburger Erfahrungen mit Videoüberwachung auszuwerten, lehnte einen Modellversuch in Berlin aber auch nicht eindeutig ab. SPD-Fraktionsvize Christian Gaebler bezog hingegen klar Stellung: „Ich bin gegen den Modellversuch.“ Die Fraktion müsse sich gut überlegen, ob sie sich darauf einlassen wolle.
Im Koalitionsvertrag hatte die SPD dem Lieblingsprojekt der CDU noch enge Grenzen gesetzt: Überwachungskameras sind danach nur zum Schutz gefährdeter Objekte wie Religionsstätten oder Friedhöfe zulässig. Vor einer Videoüberwachung müsse abgewogen werden, ob die erhofften kriminalpolitischen Effekte nicht mit anderen Mitteln wie erhöhter Polizeipräsenz vor Ort erreicht werden könne.
SPD-Parteichef Peter Strieder bezog gestern dezidiert Stellung gegen den Modellversuch: „Die Polizei soll auf der Straße präsent sein und nicht Video gucken.“ Die Installation von Videokameras schaffe lediglich eine „Scheinsicherheit“. Der Hardenbergplatz ziehe wegen seines baulichen Zustandes „Gestrandete“ an. Die CDU versuche, „mit Repression auf soziale Verhältnisse zu reagieren.“ Strieder warnte, Videoüberwachung bedeute einen Verlust der Privatheit im öffentlichen Raum.
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