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Der letzte Neinsager

Der Journalist und Ex-Reichstagsabgeordnete Josef Felder feiert morgen seinen 100. Geburtstag

Sein Leben kreist um den 23. März 1933. An diesem Tag saß Josef Felder mit 93 anderen SPD-Abgeordneten in der Berliner Krolloper. Eingezwängt zwischen SA-Trupps und siegessicheren Nazi-Politikern versuchte die Fraktion im Reichstag eine letzte Diskussion gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz zu führen. „Es war nicht so, dass wir Helden waren. Aber wir waren uns klar darüber, dass wir den Parlamentarismus zu verteidigen haben, was auch komme, bis zuletzt. Und deshalb stimmten wir mit Nein“, schreibt Felder. Der Widerstand blieb vergeblich, am Ende lieferte die Mehrheit der Volksvertreter ihr Land an Hitler aus.

Josef Felder stammt aus einer Zeit, in der Klassenbewusstsein ein Prädikat war und Kampf bedeutete. Er wird in Augsburg geboren und beginnt als 14-Jähriger in Mindelheim (Allgäu) eine Lehre zum Drucker und Setzer. Felder hört auf der Münchner Theresienwiese die Kundgebungen des späteren Ministerpräsidenten Bayerns, Kurt Eisner. Er erlebt die Räterepublik, die Aufmärsche der Arbeiter, tritt 1919 in die USPD ein. Die Unabhängigen gehen ihm zu weit nach links, er wechselt zur gemäßigten (Mehrheits-)SPD. Aus dem Stadtrat Augsburgs wählen ihn die Genossen auf die Kandidatenliste für den Reichstag. Das Motto seines Wahlkampfs heißt: „Hitler bedeutet Krieg“.

Nach dem Sieg der Nazis flüchtet Felder bei Nacht über die Alpen und verbringt mehrere Monate in Wien und Prag. Er kehrt mit einem gefälschten Pass zu seiner Frau Maria und den Zwillingssöhnen Kurt und Horst nach München zurück, wird verhaftet und ins KZ Dachau gesteckt. Anders als sein Kollege Kurt Schumacher unterschreibt er, nie wieder politisch tätig zu sein, und kommt nach etwas mehr als einem Jahr frei. „Ich wollte überleben“, sagt Felder und tut es in Jahren äußerster Zurückhaltung.

Nach Kriegsende erhält Felder von den amerikanischen Besatzern die Lizenz als Herausgeber des Südost-Kuriers in Bad Reichenhall. Das sozialdemokratisch akzentuierte Blatt gedeiht in Oberbayern nicht, Felder wird zum Chefredakteur des Vorwärts in Bonn berufen und sitzt ab September 1957 für drei Legislaturperioden im Bundestag. Für viele Jahre ist er jüngeren Kollegen Ratgeber und Gesprächspartner zugleich.

„Noch als 97-Jähriger hat er mich mit seiner klaren Gedankenführung überrascht“, sagt Münchens OB Christian Ude. Seit 1995 verleiht die bayerische SPD den Josef-Felder-Preis für Gemeinwohl und Zivilcourage, der in diesem Jahr an die Schriftstellerin, Malerin und Sängerin Ceija Stojka und Willi Resetarits (Ostbahn-Kurti) geht. BERND HEIN

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