: Ein Sprungbrett vom Sozialamt
In Köpenick und Treptow sollen junge Sozialhilfeempfänger mit Hilfe von Beschäftigungsträgern schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden
In Köpenick und Treptow sol- len SozialhilfeempfängerInnen künftig schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden. „Wir haben ein Netzwerk geschaffen, in dem Arbeitsamt, Sozialamt und Beschäftigungsträger optimal miteinander kooperieren“, sagt der Köpenicker Sozialamtsleiter Jens Meißner. Vorbild sei das „Kölner Modell“, das seit drei Jahren erfolgreich in der Rheinmetropole agiert. Dabei werden zwei Varianten angeboten, das „Sprungbrett“ und das „Aufstockerprogramm“.
Beim „Sprungbrett“ werden jugendliche SozialhilfeempfängerInnen zwischen 18 und 25 Jahren vom Sozialamt an einen von insgesamt sechs Beschäftigungsträger vermittelt, die das Arbeitsamt finanziert. Sie bekommen ein halbes bis maximal ein Jahr lang monatlich 1.400 Mark brutto, die vom Sozialamt bezahlt werden. In dieser Zeit sollen die Jugendlichen qualifiziert und dann auf den Arbeitsmarkt vermittelt werden. Die Sozialpädagogen sollen in dieser Zeit gemeinsam mit den Jugendlichen herausfinden, wo ihre Stärken, Schwächen und Berufswünsche liegen. „Früher hieß es beim Amt: Bitte such dir was. Jetzt können wir etwas Konkretes anbieten“, sagt Jens. Das Sozialamt wolle versuchen, dass die jungen Erwachsenen gar nicht erst in den Kreislauf der ewigen Sozialhilfe hineinrutschten.
Das „Aufstockerprogramm“ funktioniert ähnlich. Hier sollen Menschen angesprochen werden, die ergänzende Sozialhilfe zur Arbeitslosenhilfe bekommen. Sie erhalten bis zu 1.000 Mark brutto und sollen von den Beschäftigungsträgern in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.
Meißner bezeichnet das Programm, das am 1. Oktober beginnt, als geradezu „revolutionär“. Denn: „Es bedeutet, dass wir jedem, der Sozialhilfe bekommt, einen Arbeitsvertrag anbieten können.“ Doch vielleicht ist das ein bisschen zu optimistisch: Denn der Arbeitsvertrag bedeutet nicht, dass es sich um einen festen Arbeitsplatz auf dem regulären Arbeitsmarkt handelt, sondern lediglich um einen Vertrag bei der Beschäftigungsagentur. Die Bezahlung liegt weiterhin auf Sozialhilfeniveau. Dennoch glaubt die Köpenicker Sozialstadträtin Helga Walter (SPD), dass die Arbeitschancen für SozialhilfeempfängerInnen zukünftig so entscheidend verbessert werden.
Dabei helfen sollen auch die 10 „Fallmanager“ im Sozialamt, die sich zukünftig nur noch um die vermittlungsfähigen SozialhilfeempfängerInnen kümmern. Sie haben eine vom Senat finanzierte Zusatzausbildung. „Normale“ Sachbearbeiter sind nur noch für diejenigen da, die zu jung, zu alt oder krank sind, um wieder zu arbeiten. Sozialamtsleiter Meißner hofft, dass durch diese Trennung Spannungen zwischen Klientel und Bearbeitern abgebaut werden.
In Köpenick beziehen 4.600 Menschen Sozialhilfe oder ergänzende Hilfe. Rund ein Drittel gilt als vermittelbar.
Die zielgenauere Vermittlung von Sozialhilfeempfängern hat die holländische Firma Maatwerk bereits in Wilmersdorf erprobt. Hier führte man mit den den vermittlungsfähigen Sozialhilfeempfängern zeitaufwendige „Diagnosegespräche“, in denen es unter anderem auch um Motivation und Lebensumstände geht. Die vom Bezirksamt beauftragte Firma hat in zwei Jahren 300 Menschen in den ersten Arbeitsmarkt und 300 in ABM-Stellen oder Qualifizierungsprogramme vermittelt. Sie bietet ihre Vermittlung inzwischen auch in Charlottenburg, Reinickendorf und Schöneberg an.
In Berlin erhalten fast 276.000 Menschen Sozialhilfe. Das Land zahlt 3,5 Millionen Mark für sie. Missbräuchlicher Sozialhilfebezug kommt sehr selten vor, nämlich nur bei einem Prozent der Empfänger.
JULIA NAUMANN
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