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Im Westen geht die Sonne unter

Aus Mangel an Zuschauern gerät das Theater des Westens in eine Existenzkrise. Bis zum Jahresende rechnet die Kulturverwaltung mit einem Defizit von mehr als 3 Millionen Mark. „Falco meets Amadeus“ soll die Wende bringen

von RALPH BOLLMANN

Nach der Schließung des Metropol-Theaters vor drei Jahren droht erneut die Pleite eines großen Unterhaltungstheaters. „Das Theater des Westens rechnet im Gegensatz zum ausgeglichenen Wirtschaftsplan am Jahresende mit einem Defizit von 3,2 Millionen Mark“, räumt Kulturstaatssekretär Hans-Martin Hinz in einem Bericht an den Theaterausschuss des Abgeordnetenhauses ein. Aus Mangel an Zuschauern musste die Einnahmeprognose für 2000 von ursprünglich 16,5 Millionen Mark auf rund 11 Millionen Mark verringert werden. Ein Teil dieses „Mindererlöses“ in Höhe von 5,3 Millionen Mark soll durch Einsparungen ausgeglichen werden, etwa durch die Entlassung des Orchesters.

In der vergangenen Spielzeit konnte die Musicalbühne das Berliner Publikum mit keiner seiner beiden Produktionen begeistern. Das Musical „Rent“, für das der neue Intendant Elmar Ottenthal eigens die Freie Volksbühne an der Schaperstraße angemietet hatte, musste mangels Nachfrage nach nur vier Monaten wieder abgesetzt werden. „Chicago“ wurde im Stammhaus zwar bis zu den Sommerferien durchgespielt, meist aber vor nahezu leeren Rängen.

Alle Hoffnungen ruhen nun auf dem Stück „Falco meets Amadeus“, das am 23. September im Theater des Westens Premiere hat. „Wir glauben fest an dieses Stück“, sagt Pressesprecherin Brigitta Valentin. Bei Kartenpreisen zwischen 30 und 138 Mark rechnet das Theater mit einer Auslastung von durchschnittlich 50 Prozent bis zum Jahresende. Nur dann ist sichergestellt, dass sich das Defizit nicht weiter erhöht. Kenner des schwierigen Berliner Musicalmarkts bezweifeln allerdings, dass sich das Publikum für den österreichischen Stoff begeistern lässt.

Offiziell teilt die Kulturverwaltung den Optimismus der Theaterleute. Gleichzeitig betreibt sie jedoch die Vergabe des leer stehenden Metropol-Theaters an die niederländische Stage Holding, die dem Theater des Westens mit einem ähnlichen Konzept Konkurrenz machen möchte. Außerdem sucht Kultursenator Christoph Stölzl nach einem Ausweichquartier für die Staatsoper, deren Gebäude in den kommenden Jahren saniert werden soll. Dass sein Blick auf die Kantstraße schweift, liegt nahe: Schließlich diente das Haus nach dem Krieg bereits der ausgebombten Städtischen Oper als Ausweichquartier, bis sie 1961 als „Deutsche Oper“ den Neubau an der Bismarckstraße bezog.

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