Gefährliche Parolen

■ Neumünster: Neonazi-Aufmarsch zum Erhalt des „Club 88“ verboten

Die Stadt Neumünster ist aufgewacht: Nachdem Oberbürgermeister Hartmut Unterlehberg den Entzug der Konzession für den Neonazitreff „Club 88“ eingeleitet hat, hat er auch gestern den für Samstag angekündigten Aufmarsch „Erhaltet den Club 88“ verboten. Es ist zu erwarten, dass die Rechten gegen das Verbot bis vors Verfassungsgericht ziehen werden. „Wir werden, wenn notwendig, alle gerichtlichen Schritte gehen“, kündigt der OB an, „damit dieses Verbot Bestand hat.“

Nach Auffassung der Stadt diene der Aufmarsch allein dem Zweck, den Erhalt der Pinte als rechten Treff aufrechtzuerhalten, „deren behördliche Schließung geboten ist und unmittelbar bevorsteht.“ Unterlehberg begründet das Aufmarsch-Verbot mit zu erwartenden „gewalttätigen Ausschreitungen“. „Da am gleichen Tag eine Demonstration des ,Bündnisses gegen rechts' stattfindet, ist ein Aufeinandertreffen mit rechtsradikalen Demonstrationsteilnehmern nicht auszuschließen,“ prophezeit der OB. Zudem finde das Straßenfest „Weinköste“ statt, die Besucher sollten daher, „nicht durch rechtsextreme Ausschreitungen und Parolen gefährdet werden“.

Mit dem angekündigten Marsch wollten die Neonazis – wie sie vorgeben – der „faschistoiden Hetze“ gegen den Club durch „Linkschaoten von unten und Linkschaoten von oben“ entgegenwirken. Denn fast drei Jahre lang konnte der „Club 88“ im Stadtteil Gadeland von der Politik unbehelligt residieren und sich als Neonazitreff von überregionaler Bedeutung etablieren. Warnungen der benachbarte Schulleitung oder der Grünen Ratsfrau Andrea Storke, dass vom Treff aus Jugendliche für die rechte Szene rekrutiert werden, waren von den Stadtvätern bagatellisiert worden. „Somit ist der Club 88 die ,älteste' öffentliche Kneipe der nationalen Szene“, frohlockt der Treff noch heute auf seiner Homepage.

Erst als im Frühjahr die taz hamburg über die Aktivitäten im Club 88 berichtete und das Interesse der überregionalen Medien weckte, reagierten Politik und Stadt. Konzessionsinhaberin ist Skingirl Christiane Dolscheid, die aktiv bei der Neonazi-Sanigruppe „Braunes Kreuz“ ist und in der Vergangenheit für das vor wenigen Wochen verbotene Kampfblatt „Hamburger Sturm“ geschrieben hat.

Peter Müller