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Leibesvisitation zum Bier

St. Paulis Immobilienmogul Claus Becker wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe das Dealen in der eigenen Diskothek ermöglicht  ■ Von Elke Spanner

Bodycheck am Eingang. Videokameras über der Tanzfläche. Zivilfahnder, die Gäste in abgedunkelten Ecken misstrauisch beäugen. Türsteher, die zu Rausschmeißern werden, wird ein Gast beim Handel mit Ecstasy-Pillen erwischt. „Einen schärfer kontrollierten Laden als das Lucky Strike“, fasst Claus Becker zusammen, „gibt es nicht“. Und dennoch ist erneut eine Diskussion über Security-Maßnahmen in Diskotheken entbrannt, seit das Landeskriminalamt (LKA) Be-ckers Diskothek auf der Reeperbahn Samstag Nacht nach Drogen durchsuchte – und bei den Gästen Ecstasy-482 Tabletten sowie 45 Gramm Speed fand.

Als Inhaber soll Becker, einer der einflussreichsten Immobilienbesitzer auf St. Pauli, gewusst und ermöglicht haben, dass in der Kiez-Disko mit Ecstasy gehandelt wird, sagt die Polizei. Ihm werde nicht allein vorgeworfen, eine Diskothek zu betreiben, in der Leute sich zum Tanzen aufputschen, betont Sprecher Hans-Jürgen Petersen. Vielmehr läge der konkrete Verdacht vor, dass er den Drogenhandel in seinen Räumen ermöglicht habe: „Das Landeskriminalamt hatte einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss, und der wird nur bei konkreten Anhaltspunkten für Straftaten ausgestellt“. Welche das sind, sagt Petersen nicht. „Das geben wir nicht bekannt, ehe der Beschuldigte selbst zur Vernehmung hier gewesen ist“.

Becker fügt als Beleg für seine Unschuld an, dass bei der Razzia Ecstasy nur bei Gästen, nicht aber bei seinen MitarbeiterInnen oder gar in seinen ebenfalls durchsuchten Privaträumen sichergestellt worden war. Und dass einzelne BesucherInnen Pillen mit in die Disko nehmen, könne nicht verhindert werden, bestätigt auch Lucky-Strike-Türsteher Martin Volkerts: „Wir können und dürfen die Gäste nicht ausziehen“. Zudem, so Becker, habe er stets intensiv mit den ZivilfahnderInnen der Daviswache zusammengearbeitet. Hätten die von ihm strikteres Vorgehen gegen Dealerei verlangt, hätte er das getan. Wenn er „Drogenhändler“ sei, so Becker, könne man „die Gastronomie in ganz Deutschland dichtmachen“.

Die Frage, welche Security-Maßnahmen ein Gastwirt treffen muss, wurde in Hambug bereits im Mai intensiv erörtert, nachdem in der Prominenten-Disko „J's“ an der Feldstraße eine Handgranate gezündet worden war. Damals hatte Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) gesagt: „Wer für den Eintritt seiner Gäste kräftig abkassiert, muss auch das nötige Geld für deren Sicherheit ausgeben“. Polizeisprecher Hans-Jürgen Petersen erklärte gestern, dass das Ordnungsamt die Sicherheit in Läden prüfe, ehe diese ihre Konzession bekommen. Wollen Diskobetreiber den Schutz der Gäste organisieren, könnten sie sich bei der Polizei beraten lassen. Pauschal verlange die Polizei niemandem bestimmte Sicherheitsvorkehrungen ab. Becker hingegen schimpft, beim Anschlag auf das „Js“ habe sich die Polizei „nicht mal mehr für Handgranaten zuständig gefühlt“.

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