SPD will Musical „Jekyll & Hyde“ nur ein bisschen retten

■ Wirtschaftssenator Hattig (CDU) verschwieg den Parlamentariern das volle Ausmaß der Singspiel-Risiken

Die mitregierende SPD will dem so genannten Rettungsdarlehen für das Musical „Jekyll & Hyde“ in der Sitzung der Wirtschaftsförderungsausschüsse nicht zustimmen. Wie Fraktionssprecher Werner Alfke gestern auf Anfrage erklärte, soll zunächst nur das Überleben für zwei Monate gesichert werden, weil die Vorlage des Wirtschaftssenators noch nicht beschlussfähig sei. Die SPD will sich mit der CDU darauf verständigen, im Oktober endgültig über die Zukunft des Musicals zu entscheiden. Auch die CDU hatte zuvor angekündigt, noch Detailfragen klären zu wollen.

Tatsächlich sind die ParlamentarierInnen bislang nicht vollständig über das Ausmaß der Finanzkrise beim Singspiel am Richtweg informiert worden. So beruft sich die um eine positive Prognose bemühte Vorlage des Wirtschaftsressorts zwar auf ein Gutachten der Unternehmensberatung PricewaterhouseCooper (PwC). Doch von den Risiken, unter denen die Voraussagen der Gutachter selbst stehen, ist in der Vorlage keine Rede.

Die laut Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) renomierte Unternehmensberatung hatte es offenbar mit einem äußerst unübersichtlichen Fall zu tun. Die Geschäftsführung des Musicals, heißt es in dem Gutachten, habe nicht bestätigen können, ob alle Risiken abgedeckt sind. Im Gegenteil: Trotz mehrfacher Aufforderung habe die Leitung des Musicals gewünschte Unterlagen nicht eingereicht. Die Konsequenz für PwC: „Der Liquiditätsbedarf und die Liquiditätsrisiken sind nicht eindeutig feststellbar.“

Mit ziemlicher „Wut im Bauch“ hat die Bündnisgrüne Helga Trüpel gestern diese Formulierungen gelesen. Sie hatte den lapidaren Hinweis in der Sitzungsvorlage, dass das Gutachten bei der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft (HVG) eingesehen werden kann, befolgt und das Original studiert. Und PwC wird auch noch an anderen Stellen deutlicher als das Wirtschaftsressort. Die HVG, die den 54 Millionen Mark teuren Umbau des Theaters finanziert, „trägt allein das Risiko der Ammortisation“, stellen die Gutachter fest. Nennenswerte Verwertungserlöse seien bei einer Einstellung des Musicals nicht zu erwarten. Im Klartext: Das Gebäude am Richtweg muss mindestens bis 2018 ein (subventioniertes) Theater bleiben. Auch bei den Arbeitsplatzzahlen kommt PwC zu anderen Ergebnissen als das Wirtschaftsressort: Statt 215 errechnen die Gutachter, dass inklusive Aushilfen 182 Arbeitsplätze am Richtweg entstanden sind. An einer Stelle führt die Vorlage die Abgeordneten in die Irre: Bei einem Vergleich von Besucherzahlen wird auch das Bremer Theater herangezogen. Doch angegeben wird die Minusspielzeit 94/95 mit rund 155.000 Besuchern. Die Besucherzahl liegt inzwischen bei 320.000.

Die FDP hat sich unterdessen den Grünen angeschlossen und hält das Musical für ein Fass ohne Boden. ck