DIE TELEKOM MUSS DAS VERTRAUEN DER ANLEGER ZURÜCKGEWINNEN
: Verluste für den Finanzminister

Er jongliert mit Milliarden, preist die Perspektiven sowie den Megamarkt Mobilfunk und verweist auf die hohen Wachstumszahlen: Ron Sommer, Chef der Deutschen Telekom, zog gestern auf der Präsentation der Halbjahresbilanz alle Register. Mit allen Mitteln wollte er beweisen, dass die internationale Anlegergemeinde seinen Konzern unterbewertet. Das tut sie wohl auch, denn die Telekom hat im vergangenen Jahr nicht so schlecht gewirtschaftet. Trotzdem: Wenn die Kursentwicklung so weitergeht, ist die Telekom in wenigen Monaten unter ihrem Ausgabekurs angelangt. Das wäre die größte denkbare Katastrophe für alle Beteiligten.

Dabei hat Sommer ja noch Glück: Die Deutschen erweisen sich als wahre Aktienstoiker. Nachdem sie nun einmal die T-Anteilscheine zur Volksaktie erkürt haben, halten sie auch daran fest – in guten wie in schlechten Zeiten. Im September 1999 noch unter 40 Euro, Im März 2000 über 100 und jetzt wieder knapp über 40 Euro – doch es gibt keine Panikverkäufe. Die einzigen, die verkaufen, sind die großen Investmentfonds. Sie haben in diesem Sommer viele Telekommunikationsaktien abgestoßen, nachdem sie noch im Frühjahr den ganzen Sektor in den Himmel gejubelt hatten.

Trotzdem muss Sommer irgendwann den Aktienkurs wieder liften, auch im allgemeinen Interesse. Nicht nur wegen der mehr oder weniger bedürftigen Millionen von T-Aktionären. Vielmehr gehört die Deutsche Telekom mehrheitlich immer noch dem Staat. Der Bund besitzt direkt und indirekt insgesamt 1,762 Milliarden T-Aktien, 58 Prozent der Anteile, die er in den nächsten Jahren komplett verkaufen will. Der Staat hat daher ein Interesse an einem hohen Aktienkurs, denn jeder Euro mehr an der Börse entspricht 1,762 Milliarden Euro mehr für den Bundeshaushalt. Selbst wenn es bisher keine öffentlichen Anzeichen für ein Abrücken von Ron Sommer als Vorstandsvorsitzenden gibt: Intern, im Aufsichtsrat, hat das Bundesfinanzministerium hoffentlich schon einmal auf das Milliardenproblemchen hingewiesen. Mit all seinem Optimismus arbeitet Ron Sommer daran.

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