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Konvergenz? Krass! Cool!

Popkomm. und Telemesse: Viva und MTV machten Muskeln, Onyx machte sich hübsch

von NICOLA HOCHKEPPEL

Das ist neu: „Jetzt kann man Musik nicht nur sehen, sondern auch hören!“ Mit dieser Erkenntnis warb Christiane zu Salm letzte Woche für ihren Musiksender MTV auf der Telemesse in Düsseldorf. Das war lustig anzuhören, stimmte aber auch ein wenig traurig. Die blondierte BWL-Prinzessin des Musiksenders hielt sich am Rednerpult fest und blickte sehr energisch in den kleinen abgedunkelten Kinoraum. „Höchstmögliche Konvergenz“ versprach sie, demnächst auch online.

Bis dahin muss allerdings noch die neue Allianz mit Hit Radio Antenne als Beispiel der konsequenten Vernetzung herhalten. Das produzierte Stilblüten à la „Musik kann man dann auch hören“ und rockte die anwesenden Mediaplaner nicht wirklich. Und die sollten ja schließlich Werbezeiten buchen. Oder Sendungen kaufen. Und deswegen wurde die Geschäftsführerin bald von Verkaufsdirektor Jörg Köppen abgelöst, der stolz eine umdesignte MTV-ist-jetzt-Aldi-Tüte hoch hielt: „Hier gibt es hohe Qualität zu niedrigen Preisen“. Und das war dann eher erbärmlich als traurig anzusehen.

Die Jugendkultur aber will Pop. Und das bekommt sie von den beiden großen Anbietern MTV und Viva. Onyx überspringt gleich zwei Altersstufen und sendet noch für die „bis 55-Jährigen“. Und da das Fernsehen ja nicht für die Konsumenten, sondern für die werbeschaffende Industrie gemacht wird, mussten auch die Musiksender letzte Woche buhlen und glänzen. MTV buhlte mit einer Club-Lounge und glänzte mit seinen „Mindmaps“, einer eigens in Auftrag gegebenen Jugendstudie. Skurrile Charts belegen die Beziehungsgefüge der „Fan-atics“, „Wannabes“, „Gang-Stars“ und „Creatics“, die MTV allesamt vor die Kiste holen und dort halten will.

Jetzt auch mit Kino-Koproduktionen, wie zum Beispiel dem Love-Parade-Film von Roman Kuhn. „Einen Knaller wie ,Lola rennt‘ wollen wir uns nicht noch einmal durch die Lappen gehen lassen“, erklärte Christiane zu Salm. Auch das Zeichentrick-Genre solle ausgebaut werden, von „Werner“ bis hin zu deutsch synchronisierten Mangas.

Japanischen Zeichentrick präsentierte auch Dieter Gorny auf dem Viva-Screening im großen ZDF-Saal. Souverän führte er die potenziellen Geldgeber durch seine „vollserviceorientierte Viva-Welt“ und vermittelte: Der Sender bin ich. Kein Wunder, dass der Pressemappe Gornys Lebenslauf beigelegt war. Der Sendevater „kommunizierte Konvergenzen“, denn am ersten Oktober startet, mit sechs Wochen Verspätung, die neue „viva.tv“-Seite im Netz. Der Dieter, der hat die Technik im Griff. Dergleichen kommt immer gut an, zumindest bei den anwesenden Mediaplanern. Zum einen wird der TV-Sender ab ersten Oktober auf Astra geschaltet, was die technische Reichweite steigert und höhere Werbeumsätze verspricht. Desweiteren lockt der europäische Markt, denn „Popkultur kennt keine Grenzen“. Nach Polen und der Schweiz geht es jetzt nach Österreich, und wenn Europa erst unterworfen ist, kommt Amerika an die Reihe. Das notwendige Kapital für Investitionen und Expansionen sammelt die Viva Media AG an der Börse. Der Sender wolle sich „aus der Vertikalen in die Horizontale begeben“, wie Gorny das nannte. Ohne Augenzwinkern.

Optimismus auch bei Onyx Television. Zwischen Kaffeehaustischen auf Laminat pries Geschäftsführer Michel Assouline die Country- und Schlagermusik seines Senders. Außerdem habe Onyx das Rennen um die erste Multimediaplattform aus analogem Fernsehen, digitalen Kanälen und eigenem Online-Portal (www.onyx.tv) in Deutschland gewonnen. Das ist schön, bestand der Wert des Senders bisher doch darin, dass er von acht Millionen Kabelhaushalten zu empfangen ist.

Grund genug für die geplante Allianz mit der Kinowelt AG, die in Onyx nun ihren Abspielkanal gefunden hat. Der Kinowelt-Fundus beinhaltet unter anderem die Spielfilme „Magnolia“, „Dogma“ oder auch „eXistenZ“. Die Existenz von Onyx also scheint gesichert, wenn auch nicht als schlagernder Geriatriekanal.

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