IN DER EU NICHT ZUGELASSENE GENTECHPFLANZEN BLEIBEN VERBOTEN: Eine Lanze für den Verbraucherschutz
Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster hat eine wichtige Lanze gebrochen für den Verbraucherschutz – ein bemerkenswertes Urteil. Es sei den Verbrauchern nicht zuzumuten, dass sie in der Europäischen Union nicht zugelassene Gentechpflanzen serviert bekommen, so das Fazit des Urteilsspruchs vom Donnerstag (Az.: 21B1125/00). Anerkennung gebührt auch der Bezirksregierung Arnsberg, die dem Bauern die Vermarktung der möglicherweise gentechnisch verunreinigten Rapspflanzen verbot.
Leider steht nicht in allen bundesdeutschen Amtsstuben der Verbraucherschutz so eindeutig über den Vermarktungsinteressen der Gentech-Industrie. Zu nennen ist da zuallererst das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin, die oberste Genehmigungsbehörde für gentechnische Freisetzungsexperimente. Sie hat in vorauseilender Verbeugung vor dem Life-Sciences-Konzern Aventis die Freisetzung des Gentech-Raps genehmigt, ohne einen ansonsten üblichen Isolationsabstand zu den benachbarten Feldern vorzuschreiben.
Das RKI hoffte darauf, dass bis zur Rapsernte für die gentechnisch veränderten Aventis-Pflanzen eine Genehmigung zur Inverkehrbringung schon vorliegen werde. Falsch gedacht: Die Brüsseler Behörden haben einen Strich durch diese Rechnung gemacht und das RKI damit auch noch vorgeführt. Denn genau genommen hat das RKI unter dem Deckmantel eines experimentellen Freisetzungsversuchs einen begrenzten kommerziellen Anbau gestattet. Denn hätte Brüssel in der Zwischenzeit grünes Licht für die Inverkehrbringung der gentechnisch veränderten Rapspflanzen gegeben, wären sie jetzt zur Verarbeitung in der Lebensmittel- oder Futtermittelindustrie gelandet.
In diesem Zusammenhang ist auch die standhafte Weigerung der baden-württembergischen Regierung zu sehen, gegen den Anbau des gentechnisch verunreinigten Rapssaatguts der Firma Advanta vorzugehen. Seit Monaten ist bekannt, dass ein Teil der Advanta-Pflanzen mit nicht in der EU zugelassenem Saatgut verunreinigt ist. Während in anderen Ländern, in Frankreich zum Beispiel, die Pflanzen vernichtet werden mussten, bleibt Baden-Württemberg untätig.
Es bestehe keine Gefahr und die Verunreinigung sei nur sehr gering, heißt es. Dabei ist das Gesetz eindeutig: Die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen ist ohne entsprechende Genehmigung grundsätzlich verboten. Selbst wenn es sich nur um ein einziges Saatgutkorn handeln würde. Nach dem Gesetz müsste die zuständige Kontrollbehörde aktiv werden. WOLFGANG LÖHR
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