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Star Wars – auf Eis gelegt

Bill Clinton überlässt die Entscheidung über den Bau der Raketenabwehr seinem Nachfolger

WASHINGTON taz ■ US-Präsident Bill Clinton hat die Entscheidung über den Aufbau des umstrittenen Raketenabwehrsystems NMD vertagt. Ihm lägen für diesen Schritt noch keine hinreichenden Informationen über die Funktionsfähigkeit des Systems vor, sagte Clinton am Freitag in Washington. Es seien weitere Test erforderlich.

Raketenabwehr ist in den USA zu einem Glaubensthema und Wahlkampfschlager sowie international zum Gegenstand von ernsten Meinungsverschiedenheiten mit Amerikas europäischen Verbündeten und zum Streitpunkt mit Russland und China geworden. Seit der Vorlage des Rumsfeld-Reports im Jahre 1998, der eine heraufziehende Gefährdung der USA durch das entstehende Raketenpotential solcher Staaten wie Nordkorea, Iran und Irak konstatierte, ist Reagans Star-Wars-Idee einer Raketenabwehr wieder hochaktuell. Die Clinton-Regierung hatte sich unter allen Varianten einer möglichen Verteidigung gegen feindliche Raketen dafür entschieden, eine begrenzte und bodengestützte Abwehr aufzubauen, die bis zum Jahr 2005 aus 100 in Alaska stationierten Raketen bestehen soll – Star-Wars light. Um diesen Zeitplan einzuhalten, wurde seit zwei Jahren fieberhaft geplant, meist erfolglos getestet und heftig diskutiert. Bisher schlugen zwei Tests fehl, die den Abschuss einer Rakete durch eine andere simulieren sollten.

Die NMD-Pläne werden von Gegnern und Befürwortern einer Raketenabwehr gleichzeitig kritisiert. Gegner halten die Idee einer Raktenabwehr für den reinen Wahnsinn, weil sie nicht funktionieren könne und leicht zu täuschen sei, und weil sie das internationale Abrüstungssystem gefährde. Befürworter plädieren für eine umfangreiche land-, luft- und seegestützte Raketenabwehr und schließen die Stationierung von Abwehrraketen im Weltraum nicht aus – eine Vision, die der Reagan’schen nahe kommt.

Auch außenpolitisch brachten die NMD-Pläne bisher nur Ärger. Russland und China befürchten die Schmälerung der Bedeutung ihres eigenen Atomraketenpotentials und erinnern an den 1972 geschlossenen ABM-Vertrag, der, um Wettrüsten zu verhindern, Raketenabwehr stark begrenzt. Auch die Europäer melden Bedenken an: Denn wenn die USA nur sich selbst durch eine begrenzte Raketenabwehr vor Raketen schützen können, dann werden Europas Sicherheitsinteressen von denen der Vereinigten Staaten abgekoppelt.

In den USA ist es zu allem Überfluss jetzt auch noch zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Pentagon und State Department gekommen. Der Streit dreht sich um die Frage, ob überhaupt mit dem Bau des Raketenabwehrsystems begonnen werden kann, ohne den ABM-Vertrag zu verletzen. Das Pentagon glaubt, man könne bis 2002 in Alaska Betonsockel gießen und Wände hochziehen, bevor die USA den Vertrag kündigen müssten. Im State Department ist man dagegen der Ansicht, schon der Baubeginn der ersten Stufe mache eine Kündigung des ABM-Vertrages nötig. Clinton war es mit seinem als Kompromiss gedachten Plan gelungen, sich erst einmal zwischen alle Stühle zu setzen. PETER TAUTFEST

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