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Gesetzgeber hat freie Hand

Karlsruhe machte 1999 mit seiner Familienentscheidung keine Vorgaben für Kindergelderhöhung. Die Regierung kann mehr zahlen, muss aber nicht

FREIBURG taz ■ SPD-Sozialpolitiker wollen das Kindergeld bis 2006 auf 400 Mark erhöhen. Der deutsche Kinderschutzbund fordert dagegen eine Anhebung auf 600, der Deutsche Familienverband auf 520 Mark pro Kind. In der Koalition werden nach Angaben der Grünen noch mehrere Varianten – mit Erhöhung des Kindergelds oder des steuerlichen Freibetrags diskutiert, um dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Entlastung von Familien nachzukommen.

Tatsächlich hängt die geplante Kindergelderhöhung mit der Karlsruher Familienentscheidung von Anfang 1999 zusammen, wird von dieser aber nicht erzwungen. Vielmehr hat das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber in Kindergeldfragen freie Hand gelassen. Vorgaben machte dieser nur für das Steuerrecht. So definierte er das „Existenzminimum“ für ein Kind neu und forderte die Einführung von zwei neuen Steuerfreibeträgen. Naturgemäß nutzen Steuerfreibeträge allerdings nur denjenigen, die gut verdienen. Mit Kindergelderhöhungen sollen daher die soziale Schieflage des Karlsruher Beschlusses ausgeglichen und Eltern erreicht werden, die nur wenig verdienen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundestag zwei Fristen gesetzt. Die erste lief zur Jahreswende aus. Bis dahin wurde bei der Einkommensteuer nur ein so genanntes „sächliches“ Existenzminimum des Kindes in Höhe von jährlich 6.912 Mark steuerfrei gestellt. Mit dieser Pauschale waren lediglich die Kosten für Unterkunft, Ernährung und Kleidung des Kindes berücksichtigt. Ende 1999 musste daher ein neuer „Betreuungsfreibetrag“ eingeführt werden. Damit sollten pauschal Ausgaben für Kindergarten, Tagesmutter oder Verdienstausfälle des zu Hause bleibenden Elternteils berücksichtigt werden.

Diese erste Stufe des „Familienlastenausgleichs“ wurde fristgerecht umgesetzt, der neue Freibetrag beträgt 3.024 Mark pro Kind. Zugleich wurde damals das Kindergeld für das erste und zweite Kind von 220 auf 270 Mark angehoben. Für das dritte Kind gibt es nun 300 und für jedes weitere 350 Mark.

In einer zweiten Stufe soll nun noch ein Freibetrag für Erziehungskosten hinzukommen. Für diesen zweiten Schritt hat Karlsruhe dem Bundestag eine Frist bis Ende 2001 gesetzt. Missachtet er diesen Termin, gilt laut Beschluss des Bundesverfassungsgerichts automatisch ein zusätzlicher Freibetrag von 5.616 Mark.

Entsprechende Vorgaben für parallele Kindergelderhöhungen gab Karlsruhe nicht. Der Bund muss also nicht alle Steuervorteile, die Gutverdienende nutzen können, in gleicher Höhe auch als Kindergeld an die übrigen Eltern ausschütten. Die Familienverbände orientieren sich in ihrer Forderung dennoch an dieser Größenordnung, während die Bundesregierung auch die Finanzierbarkeit im Auge hat.

CHRISTIAN RATH

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