: Cheap & Awful oder Charmant & Adrett
TierschützerInnen protestieren fast jeden Samstag gegen Pelzverkauf bei C&A ■ Von Volker Stahl
Gegen „rechts sein“ ist ja momentan absolut in. Ein anderer Trend: Auch der echte Pelz am Leib ist wieder chic. Und daher für die Modekette C&A lukrativ. Seit Herbst 1998 hat der Kaufhauskonzern „C&A“ wieder Pelzartikel in seinem Sortiment. Das ist für Tierrechts- und Tierschutzgruppen der Anlass für ein bundesweit agierendes Aktionsbündnis gegen den Verkauf von Pelzen in den C&A-Filialen. An fast jedem Sonnabend demonstrieren sie beispielsweise bei C&A in der Mönckebergstraße.
Die Wende der Konzernpolitik löste in der Tierschutzszene Wut und Bestürzung aus – vor allem deshalb, weil C&A Deutschland bereits 1989 aus dem Pelztiergeschäft ausgestiegen war. Autonome Tierschutzgruppen wie das „Kommando zornige Zobel“ hatten zuvor in Hamburg und anderen norddeutschen Städten Buttersäureanschläge auf Pelzabteilungen des Unternehmens verübt.
Die TierschützerInnen fürchten jetzt, dass die Wende in der Unternehmenspolitik des viertgrößten Bekleidungskonzerns in Deutschland eine „Renaissance des Pelzhandels“ einläuten könnte und schlossen sich zu einer „Offensive gegen Fur – Cruel & Anti-Animal“ zusammen. „C&A ist zugleich Repräsentant und Motor des gesellschaftlichen Trends ,mach Geld, keine Moral'“, sagt Melanie Bujok, Sprecherin des „C&A-Boykott-Teams. „Politische Inkorrektheit wird wieder mit Stolz auf der Haut getragen.“
Das Unternehmen wagt in Deutschland mit seinem Pro-Pelz-Kurs einen Alleingang, der sogar bei den europäischen Tochtergesellschaften auf herbe Kritik gestoßen ist. So erklärte der britische Unternehmenssprecher Ron Williams Anfang des Jahres gegenüber der Tierschutzorganisation „CAFT“ (Coalition to Abolish the Fur Trade): „Wir verfolgen ein strenge Politik, keinen echten Pelz in unseren 113 Filialen zu verkaufen.“
Da es auch bei C&A Deutschland wirtschaftlich nicht zum Besten steht, hoffen die TierschützerInnen den angeschlagenen Bekleidungsriesen durch Boykottaufrufe und Demonstrationen sowie Fax- und E-Mail-Protestaktionen zur Kehrtwende zwingen zu können.
Die Führung des Traditionsunternehmens, das 1861 von den Gebrüdern Brenninkmeyer gegründet worden war, verweigert indes beharrlich den Dialog mit den ProtestlerInnen: „Eine vernünftige Diskussion ist nicht möglich, weil zu viele Emotionen darin stecken“, blockt ein Sprecher ab.
In den Werbebroschüren verteidigt sich C&A mit dem Verweis auf die Einhaltung gesetzlicher Artenschutz-Bestimmungen. Ein schwacher Trost für die TierschützerInnen, denn gesetzlichen Schutz genießen nur wenige, vom Aussterben bedrohte Pelztierarten. Tierrechtlerin Melanie Bujok beruft sich auf das „unsagbare Leiden“ der 50 Millionen Tiere, die jährlich in den Farmen für die Mode ihr Leben lassen müssen: „Pelztiere leiden nicht als Art, sondern als Individiuum, als Nerz, Fuchs oder Waschbär.“
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