: Roter Teppich für Airbus
Für sein Lieblingsprojekt A3XX will der Senat bis zu 1,3 Milliarden Mark im Mühlenberger Loch versenken ■ Von Gernot Knödler
Der Senat will zwischen 980 und 1300 Millionen Mark für die Erweiterung des Airbus-Werkes in Finkenwerder ausgeben. Wie Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) gestern mitteilte, soll mit dem Geld die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass der geplante Riesen-Airbus A3XX sowie die gesamte Palette kleiner Airbus-Flieger in Hamburg gebaut werden kann. „Hamburg wird damit auf alle absehbare Zeit gemeinsam mit Seattle und Toulouse eines der drei Zentren für zivile Luftfahrt in der Welt“, erklärte Mirow. Nach einem Gutachten, das der Senat in Auftrag gegeben hat, sollen durch die Werkserweiterung direkt und indirekt mindestens 5000 Arbeitsplätze entstehen.
Der größte Teil der Steuergelder, rund 660 Millionen Mark, soll für das Zuschütten von zwei Fünfteln des Mühlenberger Lochs verwendet werden – einem Süßwasserwatt, das durch mehrere internationale Abkommen geschützt ist. Weitere 160 Millionen Mark müssen ausgegeben werden, um diesen massiven Eingriff in Natur und Landschaft auszugleichen. Dazu kommen 330 Millionen für den Hochwasserschutz, Kaianlagen und die Gesellschaft, die die Arbeiten steuern soll. Eingehende Prüfungen hätten ergeben, „dass die Hamburger Maßnahmen mit dem Gatt- und WTO-Regelungen sowie mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind“, so Mirow.
510 Millionen Mark will der Senat aus den Haushalten 2000 bis 2005 loseisen. Unter anderem will er die Investitionsreserve angreifen und im Haushalt der Wirtschaftsbehörde Geld freischaufeln. 640 Millionen Mark sollen aus dem Verkauf von Hamburgs Anteil an der Daimler-Chrysler Luft- und Raumfahrt Holding kommen.
Der Wirtschaftssenator ist mächtig unter Zeitdruck, weil EADS Airbus seinen Angaben zufolge bereits Ende 2001 mit dem Bau seiner neuen Produktionsanlagen beginnen möchte. Um rechtzeitig fertig zu werden, will Mirow mit dem Herrichten des Grundstücks noch in diesem Jahr beginnen. Allerdings sind vor dem Verwaltungsgericht noch 26 Anfechtungsklagen gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses anhängig. Mirow übte sich in Optimismus: „Der Senat geht davon aus, dass bis zum vorgesehenen Baubeginn ausreichend Zeit ist, um das verwaltungsgerichtliche Verfahren abzuschließen.“
Die mit dem Koalitionspartner GAL abgesprochenen Voraussetzungen für die Zerstörung des Mühlenberger Lochs sind in den Augen des Wirtschaftssenators ebenfalls so gut wie erfüllt. Es entstünden die versprochenen Arbeitsplätze, und die Fabrik könne nur im Mühlenberger Loch untergebracht werden: Die Hallen müss-ten mindestens 850 Meter lang sein, die Flugzeugpiste dürfe den Ablauf der Produktion nicht stören, und schließlich sei ein eigener Kai nötig.
Was auf jeden Fall noch aussteht, ist die verbindliche Entscheidung von EADS Airbus, mit der Produktion des Riesenvogels zu beginnen. Dazu Mirow: „Der Senat wird das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Baubeginn – Klarheit über den tatsächlichen Ort der Fertigung – feststellen.“
Während Vertreter der SPD die Pläne des Senats lobten, kritisierte sie Lutz Jobs vom Regenbogen als „in weiten Teilen unnachvollziehbares Rechenkunststück“. So würden etwa zum ersten Mal nicht nur direkte und indirekte sondern auch weit hergeholte „induzierte“ Arbeitsplätze genannt, um auf die versprochenen 4000 Jobs zu kommen.
Der Nabu warnte, der A3XX werde Hamburg in den Ruin treiben und der BUND verlangte eine Kosten-Nutzen-Untersuchung, wie sie in der Landeshaushaltsordnung vorgeschrieben sei. Manfred Braasch vom BUND prophezeite: „Die Stadt wird den Raum Finkenwerder - Rosengarten - Hasselwerder über kurz oder lang zum Gewerbegebiet entwickeln und auch die geplante Ortsumgehung Finkenwerder als Erschließungsstraße nutzen.“
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