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Verheugen legt nach

EU-Kommissar kritisiert erneut die mangelnde Information über EU-Osterweiterung. Özdemir dementiert Zustimmung zu Volksbefragung

BRÜSSEL/BERLIN afp/taz ■ Nach seinen umstrittenen Äußerungen zu einer Volksbefragung über die EU-Osterweiterung hat EU-Kommissar Günter Verheugen gestern seine Kritik an der mangelnden Information der Öffentlichkeit bekräftigt.

Verheugen erklärte in Brüssel, es gebe eine große Kluft zwischen gut informierten Kreisen wie Politikern und Geschäftsleuten und weiten Teilen der Bevölkerung, in der eine „passive, neutrale oder sogar feindliche Stimmung“ herrsche. „Wir müssen diesen Sorgen begegnen“, so der SPD-Politiker.

Verheugen bestritt erneut, eine Volksabstimmung gefordert zu haben. Er sei falsch interpretiert worden: „Ich plädiere für nicht-schuldig.“ Eine Volksbefragung, die das Grundgesetz nicht vorsieht, habe er nicht verlangt. Nach der teilweise heftigen Kritik will Verheugen dem Europaparlament heute seine Äußerungen erklären.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, dementierte gestern einen Bericht der Rheinischen Post, wonach er sich für ein Referendum zur Osterweiterung ausgesprochen habe. Gegenüber der taz betonte Özdemir, er sei falsch zitiert worden. Grundsätzlich sei er sehr wohl für Volksbefragungen „zu nationalen Fragen auch auf Bundesebene“, nicht aber bei der Frage der EU-Osterweiterung: „Das ist das denkbar falscheste Beispiel“, so Özdemir. „Nach der deutschen Vergangenheit werden wir dieses hochsensible Thema nicht in einen Wahlkampf tragen.“ Außerdem stünde Deutschland auch wegen der Zusagen der Vorgängerregierung in der Pflicht, die Osterweiterung voranzutreiben.

Politiker von CDU und CSU forderten eine offene Debatte über die Erweiterung der EU und warfen der Bundesregierung vor, nicht auf die Ängste der Bevölkerung einzugehen.

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers, erklärte, Europa und Erweiterung dürften „nicht regierungsamtlich zu Tabus erklärt werden“. Das Problem in der Europa-Politik seien nicht die Bürger, sondern die Politiker, die keinen Mut zu einer offenen und strittigen Debatte hätten.

Der bayerische Europa-Minister Reinhold Bocklet (CSU) bezeichnete Verheugens Vorstoß in der Zeitung Die Welt als „massive Anklage“ und „Hilferuf“ gegen die eigene Regierung, die die Ängste der Menschen nicht ernst genommen habe. Nur wenn die Menschen überzeugt würden, werde die Osterweiterung „am Ende auch ein Erfolg“.

EU-Kommissarin Schreyer (Grüne) kritisierte die Äußerungen ihres Kollegen. Es sei „ein falsches Signal, an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang das Grundgesetz zu ändern und eine Volksabstimmung einzuführen.“

LUKAS WALLRAFF

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