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Mehr oder weniger gegen rechts

Bürgerschaft: Alle wollen Demokraten sein, und alle sind gegen Rechtsextreme. Aber bitte jeder auf seine Weise  ■ Von Peter Ahrens

Der Regenbogen ist gegen Neonazis, die CDU ist gegen Neonazis, der Bürgermeister ist es auch. Und trotzdem wird in der Bürgerschaft bei der ausführlichen Debatte über Rechtsextremismus kein Einheitsbrei gerührt. Es sind die Zwischentöne, die die Unterschiede ausmachen. Manchmal, wenn CDU-Hardliner Karl-Heinz Ehlers ans Rednerpult tritt, treten sie deutlich hervor, manchmal sind sie nur mühsam herauszuhören. In der so genannten Einigkeit der Demokraten gegen rechts gibt es Differenzen.

CDU-Fraktionschef Ole von Beust setzt gleich am Anfang die Duftmarken. Für ihn heißt gegen rechts vorzugehen, gleichzeitig Gesetze zu verschärfen. „Betroffenheitsrituale nützen nichts“, sagt er. Was aus seiner Sicht nützt, ist? Von Beust blättert den abgegriffenen Katalog der CDU-Forderungen auf: Das Demonstrationsrecht einschränken, das Jugendstrafrecht anziehen, gegen vermeintliche Ausländerkriminalität vorgehen. Dann kratzen von Beust und Ehlers endgültig die Konsenstünche ab: „Leute auf der Veddel fühlen sich unwohl, weil sie als Deutsche in der Minderheit sind“, sagt von Beust, und Ehlers legt nach: „Der schürt Ausländerfeindlichkeit, der tabuisiert, dass der Rechtsstaat von Ausländern ausgenutzt wird.“

SPD, GAL und Regenbogen geben Contra. GAL-Fraktionschefin Antje Möller weist auf die „Stichwortgeber“ für die Rechten hin. Sie zitiert CDU-Politiker, die den Neonazis durch „leichtfertigen Umgang mit Worten“ Vorschub geleis-tet haben. „Ich wünsche mir einen Wahlkampf, in dem die Ausländer kein Thema sind, und in dem es um Anerkennung statt um Duldung geht“, verlangt sie und fordert, dass Zivilcourage nicht zur Worthülse verkommen dürfe.

Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) nennt jedes Drehen an der Gesetzesschraube eine „einfache Lösung, vor der man warnen muss“. Auch ein Verbot der NPD könne nur eine „Beruhigungspille“ sein, mahnte Runde, und der Regenbogen-Abgeordnete Lutz Jobs hielt es für weit wichtiger, den „alltäglichen Rassismus“ zu bekämpfen, als über härtere Gesetze nachzudenken. Er rief dazu auf, „alles zu versuchen, Nazi-Demonstrationen nicht stattfinden zu lassen, wenn sie denn schon gerichtlich erlaubt worden sind“.

Damit hatte er die Einigkeit unter den Parteien jenseits der CDU aufgekündigt. Der stellvertretende Fraktionschef der GAL, Martin Schmidt, nannte Versuche, Nazi-Aufmärsche zu behindern, „einen Angriff auf die Demonstrationsfreiheit“. Das Demonstrationsrecht habe auch für die Rechten in allem Umfang zu gelten. Bei dem starken Beifall, den er dafür von SPD und GAL erhielt, konnte sich Norbert Hackbusch (Regenbogen) eigentlich die Verwunderung darüber sparen, dass „die Grünen bei den Kundgebungen gegen die Nazi-Aufmärsche nicht mitmachen“.

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