pressschlag
: Zeitenüberschreitungen und die auffallende Magie der 3

„Ich sach mal, ich denk mal“

Manche Menschen machen sich schwere Gedanken über das Gestern und das Morgen, schreiben darüber provokant-intelligente Texte und gewinnen große Philosophiepreise (siehe Intertaz von heute, übernächste Seite). In der Bundesliga geht das einfacher: „Wenn man dreimal verliert“, erklärte jetzt Bremens Torwart Frank Rost, „dann hat man dreimal verloren.“ Die Gleichzeitigkeit des Gewesenseins und des Daseins – sehr hübsch.

Rosts zeitenversöhnende Expertise passt in die Zeit: Dreimal werden wir noch wach, dann werden die ersten olympischen Wettbewerbe schon begonnen haben. Und dreimal wird auch die Bundesliga in der öffentlichen Beachtung etwas absinken in den nächsten Wochen, weil Fußballalltag neben dem Sydney-Spektakel ein wenig auf Randsportniveau abrutscht. Ach ja, Bundesliga ist ja auch noch, wird mancher manches Mal denken, wenn wir medial so richtig schön überschüttet werden mit Olympischem.

Wir werden, wie am Samstag, rans „Zuckertore“ arg vermissen, verpassen das Grämen über „unnatürliche Niederlagen“ und zweifeln vage an Ingo Hertzsch’ „vermutlich längstem Rutscher der Bundesliga-Geschichte“. Wieso war er das nur „vermutlich“? Wofür haben die denn ihre ran-Datenbank? Kann man doch mal nachschauen, nachmessen, vergleichsrutschen lassen. Bis zum 8. Spieltag, dem ersten postolympischen Mitte Oktober, sollte das gelingen.

Bis dahin wissen wir hoffentlich auch, warum die mystische Ergebnisserie dieser Saison so ist, wie sie ist. Von den bislang 34 Spielen endeten 14 mit Siegen ab drei Toren Differenz. Das bedeutet laut taz-Datenbank: In 41,17 Prozent der Spiele lassen die Gegner sich wehrlos abschlachten. 3:0, 4:0, 4:1 sind fast schon Standardergebnisse der Saison. Allein das 4:0 gab es schon siebenmal, also in mehr als jedem fünften Spiel. Rost würde sagen: Wenn man einen reinkriegt, hat man schnell drei reingekriegt.

Offenbar wissen auch die Trainer nicht mehr hinreichend martialisch zu motivieren, wie es jetzt auch schon Ewald Lienen tut. Der hatte gefordert, die Kicker müssten „Leben lassen, um den Gegner am Fussballspielen zu hindern“. Bochums Coach Ralf Zumdick wird sich mit seinem Sturzflug-VfL ein Beispiel nehmen. Nicht nur, weil seine Jungs beim 0:4 „eine Lernstunde bekommen haben“. Zumdick will sein Vokabular komplett umkrempeln. Neulich sagte er mal: „Ich sach mal – ach, eigentlich wollte ich ‚Ich sach mal` nicht mehr sagen ...“ Gut so! Wir schlagen vor, Statements mit „Ich denk mal“ zu eröffnen. Klingt klüger. Zeitgemäßer. Wer sagt’s zuerst? Denker Rost? BERND MÜLLENDER