: Ein Hauch Melancholie
■ „Veranda Music“ will heute die Menschen verzaubern
Im vergangenen Jahr brachte das Hamburger Ensemble Veranda Music viel Wind in die Federn der KritikerInnen. Die einen fanden den ersten Langspieler Here's to them all, der voller Melancholie und leidenschaftlicher Ausbrüche steckte, ganz großartig – in der taz hieß es damals: „American Music in ihren avanciertesten Momenten“ –, den anderen klang es zu sehr nach (wahlweise) Neil Young, Tom Waits oder sogar Jon Spencer. Zum Glück ließen sich die drei schmu-cken Herren davon nicht beeindrucken und brachten in der Folge eine „Night in Jaçanã“ betitelte 7-Inch-Platte heraus, deren Liedgut zwischen Fado und Samba den brasilianischen Poeten und Kompo-nisten Adoniran Barbosa und Tom Zé Respekt zollte, „die beide zeigen, worin die Schönheit der brasilianischen Musik liegt“, so Veranda-Songwriter Nicolai von Schweder-Schreiner.
Selbiger erlernte sein Handwerk, als er vor Jahren mit dem großen, leider früh verstorbenen, Dandy des düsteren Liedguts Tobias Gruben spielte. Danach feilte er an neuen Songs und machte sich sorgfältig auf die Suche nach passenden Mitmusikern, die ihn live unterstützen sollten. Inzwischen sind Lars Precht und Christoph Kähler als feste Ensemble-Mitglieder dabei. Alle drei vereint eine ähnliche Herangehensweise ans Musikmachen: „Wir mögen direkte Aufnahmen und konkrete Hierarchie. Außerdem ziehen wir die Ensemblemusik festen Bandstrukturen vor und spielen gern mit erweiterter Besetzung.“
So auch zu bewundern beim letztjährigen Winter-Konzert im Knust, bei dem zusätzlich ein toller Saxophonist auf der Bühne stand. Die Musiker waren mit so viel Verve dabei, dass auch die zumeist redenden Herrschaften in den ersten drei Reihen endlich mal ihre Mäuler hielten und jeder sich anschließend mit leuchtenden Augen und Lächeln im Herzen nach Hause trollte.
Dieser Tage erscheint das zweite große Werk. Es heißt in Anlehnung an einen Stadtteil von Rio de Janeiro Leblon und klingt ganz erstaunlich. Vielleicht haben die Musiker dieses Mal tatsächlich Zeit auf der Veranda verbracht und mehr wohltuende Sonne an ihre dunklen Seelen gelassen. Zumindest klingt ihre Musik zuweilen wohltuend fröhlich und humorvoll.
Da finden sich neben der selbstverständlich großen Portion Melancholie, die Veranda Music schon immer auszeichnete, witzige Zeilen und Noten, die an die guten Sachen von Ween erinnern. Da wird „Roses“ auf „Noses“ gereimt und sich nicht gescheut, ein altes Steely Dan Vehikel aufzugreifen. Heute abend nun finden sich Veranda Music plus Gäste im Mojo Club ein, um allen zu zeigen, wie schön und schwungvoll ihre Musik sein kann. Barbara Schulz
heute, 21 Uhr, Mojo
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