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Müntefering weicht der eigenen Basis

SPD-Generalsekretär muss dem Druck der Genossen in NRW nachgeben und verschiebt die Parteireform

DÜSSELDORF taz ■ Franz Müntefering versuchte gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Landesvorstand und Bezirksvorstände hätten auf ihrer gemeinsamen Konferenz am Montagabend „ihren Fahrplan für die Reformen bekräftigt“, verkündete der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD und Generalsekretär der Bundespartei. Und schob lapidar hinterher: „Eine Satzungsänderung zu Präsidium und Generalsekretär steht am 16. 9. nicht mehr zur Abstimmung.“ Was sich hinter diesen dürren Worten verbirgt, ist eine schwere innerparteiliche Niederlage für Müntefering und Ministerpräsident Wolfgang Clement. Denn ihr Versuch, die NRW-SPD stärker zu zentralisieren, ist vorerst gescheitert.

Einen Generalsekretär und ein Parteipräsidium hatten Müntefering und Clement am kommenden Samstag auf dem Landesparteitag in Düsseldorf einführen wollen. Das sollten die ersten Schritte auf dem Weg zu einer Reform sein. Ziel sei es, so trommelte Müntefering die vergangenen Monate, dass die SPD in Nordrhein-Westfalen „strukturell mehrheitsfähig“ bleibe. Dazu sei es notwendig, die Strukturen „zu modernisieren, sie transparenter zu machen, Binnenfixiertheit zu vermeiden und attraktiver zu sein, für Mitglieder und für Nichtmitglieder“.

Dass eine Modernisierung vonnöten ist, darüber sind sich die Genossen an Rhein und Ruhr einig. Die Zahlen sprechen für sich: Zehn Prozent ihrer Wähler und 25 Prozent ihrer Mitglieder verlor die Partei seit 1990. Bei den Kommunalwahlen im Herbst 1999 rutschte sie in der Wählergunst deutlich hinter die CDU und büßte rund 1.800 Mandate ein; bei der Landtagswahl im Mai schrammte sie nur knapp an einer Niederlage vorbei. Über die erforderlichen Maßnahmen allerdings, mit denen dieser Abwärtstrend gestoppt werden könnte, gehen die Meinungen auseinander. Franz Müntefering und Wolfgang Clement sehen den Ausweg in einer Straffung der Parteistrukturen und einer stärkeren Zentralisierung. Die Pläne des Führungsduos zielen darauf ab, den Einfluss der bisher im Landesverband dominanten vier Bezirke Westliches Westfalen, Ostwestfalen-Lippe, Niederrhein und Mittelrhein zurückzudrängen. Doch ausgerechnet Münteferings Heimatbezirk Westliches Westfalen will da nicht mitspielen. Bereits Ende August handelte er sich hier eine bittere Schlappe ein. Denn an der Basis beklagen viele Genossen, dass schon jetzt ihr Bezirk zu wenig statt zu viel Einfluss auf die Landespolitik habe. Auf ihrem Bezirksparteitag in Dortmund stimmten daher die rund 300 Delegierten mit großer Mehrheit gegen die aus ihrer Sicht übereilte Einführung eines Generalsekretärs und eines Präsidiums. Nach Ansicht des bundesweit mitgliederstärksten SPD-Bezirks, der auf dem Landesparteitag rund vierzig Prozent der Delegierten stellt und dem Müntefering lange vorgestanden hatte, solle erst nach Abschluss der Reformdiskussion im nächsten Jahr darüber entschieden werden. Damit war die für Satzungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit auf dem NRW-Parteitag am 16. September in unerreichbare Ferne gerückt.

Nun hat auch die SPD-Landesspitze diesen Beschluss nachvollzogen – einstimmig bei einer Enthaltung. Am Wochenende soll jetzt nur noch eine dreistündige „Reformdebatte“ stattfinden und eine 47-köpfige Strukturkommission eingesetzt werden. PASCAL BEUCKER

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