: Nicht mit Einzelschicksalen werben
Fördergemeinschaft Kinder-Krebs-Zentrum Hamburg feiert 25 Jahre Erfolge ■ Von Sandra Wilsdorf
Manfred Raun erinnert sich: Sein Sohn Malte war vier, als er sich 1973 von den Masern nicht erholte und immer schwächer wurde. Die Ärzte stellten erst gar nichts und dann Pfeiffersches Drüsenfieber fest. Der sechste Arzt schließlich diagnostizierte Leukämie – und eine Lebenserwartung von einigen Wochen: Leukämie bei Kindern galt damals als nicht therapierbar. „Aber dann brachten wir Malte nach Eppendorf“, erzählt Raun. Im Universitätsklinikum Eppendorf machte ihm Professor Winkler Hoffnung, der aus den USA die ers-te Leukämie-Therapie mitgebracht hatte und mit seinem Team Pionierarbeit im Keller leistete: „Die Putzfrauen stellten ihren Kaffeeraum zur Verfügung, die Putzkammer wurde das Labor“, erinnert sich Raun. Der lange Flur sei das Wartezimmer gewesen. Weil die immungeschwächten Kinder auf keinen Fall mit Masern oder anderen Erregern in Berührung kommen durften, „wurde manche Knochenmarkpunktion im Auto gemacht“, sagt Raun. Irgendwann an einem der Infoabende oder in einer der unendlichen Stunden auf diesem Flur kam die Idee, einen Förderverein zu gründen, „um die Zustände zu verbessern“.
Gestern feierte die „Fördergemeinschaft Kinder-Krebs-Zentrum Hamburg“ 25 Jahre Erfolg. In diesem Vierteljahrhundert hat sich Entscheidendes geändert. „Heute können wir über 60 Prozent aller an Krebs erkrankten Kinder dauerhaft heilen“, sagt Professor Reinhard Schneppenheim von der Kinderklinik des UKE. Aber die Behandlung brauche Zeit und habe Nebenwirkungen. „Die Kinder bleiben lange bei uns, und für ein Kind fühlt sich ein halbes Jahr wie ein halbes Leben an.“ Deshalb sei es wichtig, den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.
Daran arbeitet die Fördergemeinschaft. Sie unterstützt die Arbeit des wissenschaftlichen Behandlungszentrums zum einen mit baulichen Maßnahmen, hat beispielsweise zu 70 Prozent das 1979 in Betrieb genommene Ambulanzgebäude der UKE-Kinderklinik bezahlt und über die Hälfte des acht Millionen Mark teuren Erweiterungsbaus, der 1996 eingeweiht wurde. Derzeit finanziert sie einen Anbau mit Spiel-, Eltern- und Jugendzimmer. Ein weiterer Schwerpunkt sind Musik- und Maltherapie sowie die psychosoziale Betreuung von Kindern und Eltern. Viel Geld geht auch in Personal: Die Fördergemeinschaft zahlt eine Bürokraft, um das Pflegepersonal zu entlasten, eine halbe Arztstelle, einen Arzt im Praktikum und eine Stiftungsprofessur für molekulare Onkologie, die demnächst besetzt werden soll.
Trotzdem: „Die Zukunft wird nicht einfach“, prognostiziert Holger Iversen, Vorsitzender der Fördergemeinschaft. Bei knapper werdenden Kassen werde das Werben um Spenden aggressiver. „Da machen wir nicht mit. Wir gehen auch weiterhin nicht mit Einzelschicksalen an die Öffentlichkeit.“
Wer spenden oder sich informieren möchte, erreicht die Fördergemeinschaft unter 040/25 60 70Tel.: .
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