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Meter für Meter ausgesessen

■ Ein kleiner Karten-Verlag garantiert: Jeder eingezeichnete Radweg ist getestet

Fahrradfahren auf deutschen Straßen – das ist häufig ein riskantes Vergnügen. Fast schon tollkühn ist es jedoch, die Autopfade zu verlassen und sich ins Labyrinth der Feld-, Wald- und Wiesenwege zu wagen. Zumindest wenn sich der arglos Radelnde dabei auf x-beliebige Fahrradkarten verlässt. Ausgewiesene Radwege, die „in knietiefem Morast enden“, oder Pfade, die „nur auf dem Papier“ existieren – Erfahrungen dieser Art machten Jens Uwe Mollenhauer und Jürgen Treichel, zwei passionierte Radwanderer aus Kiel, auf ihren Touren durch Europa entschieden zu häufig.

„Aus der Einsicht folgt die Konsequenz,“ sagten sie sich und gründeten 1993 den Verlag ProjektNord. Das Ziel: Zuverlässige Fahrradkarten herstellen. Der Weg: Fahrradfahren, was das Zeug hält. Das Ergebnis: 11 veröffentlichte Radwandertitel, die fast ganz Schleswig-Holstein abdecken.

Und zwei platte Hintern: Denn Mollenhauer und Treichel garantieren, jeden eingezeichneten Weg auf dem eigenen Sattel getestet zu haben. „Für jede Karte fahren wir wochenlang im Zickzack durch die Region,“ erzählt Mollenhauer. Für die Karte für den Hamburger Norden kamen so immerhin 2600 Kilometer zusammen. Das Hauptaugenmerk von ProjektNord liegt dabei auf den kleinen, aber feinen Wegen fernab der Autorouten. Diese werden säuberlich nach Zustand (von „gut befestigt“ bis „Rennrad-untauglich“) klassifiziert. Auf diese Weise werde fast das gesamte Wegenetz abgebildet.

Dieser Aufwand ist nicht immer branchenüblich. „Bei den Feldwegen entspricht der Erkenntnisstand selbst modernster Karten noch dem von 1950“, sagt Mollenhauer. Nach der Ursache solcher Kartenkunst muss er nicht lange suchen: „Wer mit Karten Geld machen will, muss günstig produzieren und teuer verkaufen.“ Günstig produzieren bedeute, alte Karten abzumalen. So würden Fehler immer wieder kopiert und seien selbst noch auf Karten mit Erscheinungsdatum 2000 zu finden.

Die Produktionsweise von ProjektNord ist dagegen auf andere Art gewinnbringend. „Der Aufwand rechnet sich natürlich nur, wenn man das Ganze als ein riesiges Hobby auffasst“, erklärt Jens Uwe Mollenhauer die Firmenphilosophie. Mehr als eine Karte pro Jahr ist nicht drin. Schließlich arbeiten die beiden Verleger hauptberuflich in der Computerbranche.

Doch einmal befahren, lässt sich der eingeschlagene Weg so leicht nicht wieder verlassen. Weil sie ihren hohen Ansprüchen an die Aktualität genügen wollen, bringen Mollenhauer und Treichel im nächsten Jahr die erste Neuauflage heraus. Timm Christmann

Die Radwanderkarten von ProjektNord gibt es in jeder Buchhandlung oder direkt bei ProjektNord unter 04 55 31/66 50 51 bzw. www.projektnord.de .

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