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Privatisierte Lebensmittelprüfung mit beschränkter Haftung

■ Staatsräte wollen das Lebensmittel-Untersuchungsamt privatisieren / Personalrat warnt vor Qualitätsverlust

Die Bremer Lebensmittelprüfung soll noch in diesem Jahr privatisiert werden. Das hat die zuständige Staatsräte-Lenkungsgruppe beschlossen. Das Wirtschaftsprüfungsinstitut Roland Berger empfiehlt, den ganzen Bereich zu schließen und künftig von Privatunternehmen versehen zu lassen. Die Staatsräte wollen dagegen wohl nur das Landesamt für Chemie, Hygiene und Veterinärmedizin (LUA) schließen, das für die Labor-Untersuchung von Proben zuständig ist. Der Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst (LMTVet) könnte weitgehend unbeschädigt bleiben.

Das LUA wurde zwar bereits vor fünf Jahren umstrukturiert und mittels betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente auf die Einhaltung seines Etats getrimmt. Das Amt hat aber unter seinem kleinen Einzugsgebiet zu leiden: Immer kompliziertere Analyse-Apparaturen sind nicht ausgelastet. Künftig wird sich das verschärfen, da das LMTVet angewiesen ist, künftig nur noch 3.000 statt 4.000 Proben im Jahr zu nehmen.

„Private Unternehmen bieten die Leistungen einfach billiger an. Das ist ein Spiel, in dem wir nur verlieren können“, sagt Sozial-Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack. Deshalb seien die Staatsräte gegenüber den Bürgern geradezu verpflichtet, nach einer billigeren Lösung zu suchen. Anders sieht das LUA-Personalrat Dieter Koch: Für ihn steht die Unabhängigkeit der Untersuchungen und damit die Qualität auf dem Spiel: „Die Privatlabore stehen in direkter wirtschaftlicher Abhängigkeit von den Betrieben, die bisher vom LUA kontrolliert wurden.“ Tatsächlich erscheint ein Interessenkonflikt vorprogrammiert, wenn Labors im Auftrag des Staates Produkte prüfen sollen, deren Hersteller zu ihren Auftraggebern zählen. „Die Proben können doch vom LMTVet nach dem Einsammeln anonymisiert werden“, wendet Hoppensack ein. Stimmt nicht, meint Koch: Im mikrobiologischen Bereich muss direkt aus der Verpackung analysiert werden, weil es sonst zu Verunreinigungen kommen kann. Und dann könnte der Kontrolleur den Hersteller schon am Firmenlogo auf der Packung identifizieren. Solche mikrobiologischen Untersuchungen machen laut Koch über die Hälfte der LUA-Analysen aus. Falsch, sagt Hoppensack: Die Zahl sei „erheblich aufgeblasen“.

Eventuell steht sogar ein Teil des LMTVet zur Disposition: Einer der sechs Bieter soll ein Angebot gemacht haben, das die Kontrollen in den Betrieben einschließt. Eine Anonymisierung wäre dann ganz ausgeschlossen. Einen Zusammenschluss des Amtes mit seinem niedersächsischen Pendant wollen indes beide nicht, obwohl die Oldenburger Filiale sogar einen Großteil der Mitarbeiter übernommen hätte: Arbeitsplätze und Steuerzahlungen sollen bitteschön in Bremen bleiben. Da soll dann auch der Bieter herkommen, der schließlich den Zuschlag bekommt. jank

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