: Nicht bloß abhaken
■ Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg präsentiert seine Pläne
Hellmuth Karasek ist sicher: „Das Hamburger Publikum hat eine schier grenzenlose Toleranz.“ Warum er das sagt, als ausgerechnet der neue Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg sich in der Freien Akademie der Künste den HamburgerInnen vorstellt, sei dahingestellt. Jedenfalls fragt er gleich, mit welchem Komplimenten Stromberg sein Publikum zu beehren gedenkt. „Da muss ich erstmal zwei Spielzeiten abwarten“, pariert der, „und dann Bilanz ziehen, auch bezüglich der Frage, ob die Produktionen uns selbst, dem Team, überhaupt gefallen haben.“
Denn Schönwetter machen wolle er nicht, beteuert Stromberg, einfach nur ein Repertoire im Spielplan abhaken auch nicht: „Ich glaube, dass es trotz oder gerade wegen der Medienberieselung die Sehnsucht nach einem Ort gibt, an dem man hautnah etwas erleben und an dem man diskutieren kann – kurz: nach einem Ort der Begegnung.“ Und hier will er auch konzeptionell ansetzen, was den Kontakt zu den ZuschauerInnen betrifft: „Unter Frank Baumbauer war das Publikum hauptsächlich während der Vorstellungen im Schauspielhaus zu Gast. Wir wollen das Haus jetzt stärker nach außen öffnen.“
Ein Ort von Austausch und Begegnung solle das Schauspielhaus werden, fabuliert Stromberg, und deshalb habe man zu Probendurchläufen auch bereits ZuschauerInnen eingeladen. „Denn ich glaube, dass die Menschen das Bedürfnis nach Gespräch haben.“ Zum Beispiel über die Frage, was sie denn vom politischen Theater halten – ein Begriff, den Stromberg eher individualistisch verstanden wissen will: „Wenn unsere drei für zwei Spielzeiten engagierten jungen Regisseure im Stück eine Aussage treffen, die für sie in dem Moment authentisch und richtig ist, dann ist das für sie politisch.“
Wie will er aber kulturpolitisch in Hamburg agieren, wie sich abgrenzen vom Thalia-Theater, wo als neuer Intendant Ulrich Khuon startet? Tja, da nennt Stromberg zuerst mal Gemeinsamkeiten – das Interesse an jungen Autoren etwa; „um Andreas Kriegenburg beneide ich Khuon zum Beispiel ein bisschen.“
Abgesehen davon wolle sich das Schauspielhaus auch stark dem Tanztheater widmen, zudem AutorInnen ans Haus binden, damit sie Texte speziell für die SchauspielerInnen schreiben. Und dann gebe es da noch Geschichten aus der Historie des Schauspielhauses, die man vielleicht mal verarbeiten wolle. „Wir haben Aufzeichnungen einer Frau gefunden, die jahrelang im Schauspielhaus gewohnt hat und deren Spuren wir bei Gelegenheit nachgehen wollen.“ Und dann kommt noch, aus dem Publikum, die Frage, nach den Kriterien der Stückauswahl und der Spielplan-Zusammenstellung im Allgemeinen. Strombergs Rückfrage kommt prompt: „Fragen Sie nach Beliebigkeit?“ Petra Schellen
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