: Führerscheinstelle lenkt ein
■ Nach Protesten eines delinquenten Autofahrers werden Wartezeiten verkürzt / EU-Führerschein nicht in Bremen
Im Bremer Stadtamt hat die Führerscheinstelle die selbe Funktion, wie für die ÖTV die Müllabfuhr: Wer da bummelt, trifft den Nerv der BürgerInnen. Entsprechend verursachte ein Buten&Binnen-Bericht gestern Aufregung, wonach die Führerscheinstelle – die schon in der Vergangenheit publicity-trächtiger Austragungsort von Kämpfen um Kompetenzen und Personal war – Anträge auf Wiedererteilung von kassierten Führerscheinen nur mit langen Wartefristen bearbeitet. Anlass war der Fall eines Unternehmers.
Dem Mann waren – trotz verbüßtem achtmonatigem Führerscheinentzug wegen über zwei Promille Alkohol im Blut – in der Führerscheinstelle weitere Monate Wartezeit angedroht worden. Begründung: Überlastung. Schon juxten Beobachter: „Bremer bekommen den Führerschein erst mit 19.“ Doch gestern stellte Stadtamtsleiter Hans-Jörg Wilkens klar: „Ich werde mich bemühen, dort aus meinem Budget Personal zu verstärken.“ Ansonsten werde „umgesteuert“: Der Umtausch der alten grauen oder rosa Führerscheine in ein europäisches Exemplar gemäß EU-Recht „wird auf null gefahren“. Es bestehe schließlich keine Umtauschpflicht.
Bereits im Sommer hatte die Führerscheinstelle darauf hingewiesen, dass BremerInnen bitte nicht Umtauschen sollten – zuletzt mit sinkendem Erfolg. Was als Hauptgrund für den aktuellen Arbeitsstau gilt, denn das 1999 angepasste Führerscheinrecht macht vieles komplizierter, zumal die EDV dem Ablauf noch immer nicht ganz gewachsen ist. Wilkens spricht von „Anpassungsbedarf, der sich aus dem laufenden Prozess“ ergeben habe. Er sei „guter Hoffnung“, dass Bremen diese Arbeit „bald optimieren“ werde. Mit der rund 15-köpfigen Führerschein-Belegschaft werde er jetzt „wegen deren Belastung“ das Gespräch suchen.
In der vorgesetzten Innenbehörde ist man über die Aufregung, die der Fall verursacht, entnervt. „Wir haben den Führerschein hier nicht. Herr Wilkens wird das alles schon regeln.“ Was eine Einschätzung der Gutachter von Roland Berger betreffe, wonach im Stadtamt insgesamt 27 Stellen eingespart werden könnten, „ist das alles bislang nur beschriebenes Papier, das noch nicht bewertet wurde“, so Sprecher Hartmut Spiesecke. „Kein Kommentar.“ Rückblickend sei aber festzustellen, dass im Stadtamt schon jetzt viele wichtige Aufgaben nur eingeschränkt wahrgenommen werden könnten. Vorschläge zur Verbesserung der Effizienz würden also gründlich geprüft.
Polizisten derweil kommentieren das gestrige Spektakel um den Führerschein so: „Dass der Mann den Lappen überhaupt wieder bekommt, wundert mich.“ ede
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen