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Deutschland schweigt

Über statuslose MigrantInnen wird in Deutschland kaum gesprochen. Dennoch wird ihre Zahl allein in Berlin auf über 100.000 geschätzt. Es sind Menschen, die auf der Suche nach Arbeit ohne gültige Einreisepapiere nach Deutschland gekommen sind, Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, die vom deutschen Asylrecht nicht geschützt wurden, Menschen, die einen befristeten legalen Aufenthaltsstatus hatten und nach dessen Auslaufen im Land geblieben sind.

Andere europäische Länder haben sich dem Problem der „sans papiers“ gestellt. In Italien wurden im vergangenen Jahr 150.000 Statuslose legalisiert, 40.000 sollen in diesem Jahr folgen. Bedingung ist der Nachweis einer dauerhaften Beschäftigung und Unterkunft. Auch in Spanien läuft derzeit eine Amnestie für illegale Einwanderer, in Frankreich haben zahlreiche „sans papiers“ eine Chance erhalten; in Belgien ist ein Regularisierungsprozess im Gange, der bis Februar 2001 abgeschlossen sein soll.

In Deutschland hingegen herrscht Schweigen. Statt Legalisierung setzt man hierzulande auf die Perfektionierung der Kontrollbürokratie – und zahlt damit sowohl ökonomisch als auch unter dem Blickwinkel der Menschenrechte einen hohen Preis.

Dabei weisen neuere Untersuchungen zur illegalen Einwanderung in Deutschland angesichts dieser Paradoxien darauf hin, dass die Legalisierung durchaus eine politische Option darstellt. Die Diskussion darüber aber hat noch nicht einmalbegonnen. Die Einwanderergesellschaft Deutschland hinkt hinterher.

Literatur zum Thema:Eberhard Eichenhofer (Hg.): „Migration und Illegalität“. Schriften des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien, Osnabrück 1999Jörg Alt: „Illegal in Deutschland“. Forschungsprojekt zur Lebenssituation „illegaler“ Migranten in Leipzig. Karlsruhe 1999

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