: Höhere Zusatzrente für Wossis
Bundesgerichtshof urteilt zugunsten von Ex-DDR-Bürgern im öffentlichen Dienst (West)
FREIBURG taz ■ Ex-DDR-Bürger, die nach der Wende in den öffentlichen Dienst im Westen eingetreten sind, können mit einer höheren Rente rechnen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gestern entschieden, dass ihre Arbeitsleistung zu DDR-Zeiten bei der Berechnung der Zusatzversorgung zu berücksichtigen ist.
Die Zusatzversorgung bringt die Renten von Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst auf Beamtenniveau und beruht allein auf tarifvertraglichen Regelungen. Für ehemalige DDR-Bürger wurden bisher nur die Zeiten ab Oktober 1990 berücksichtigt. Eine entsprechende Bestimmung in der Satzung des Versorgungswerks von Bund und Ländern (VBL) hat der Bundesgerichtshof nun aber für teilweise unwirksam erklärt.
Das oberste deutsche Zivilgericht hat damit einen Kompromiss ausgehebelt, den öffentliche Arbeitgeber und Gewerkschaften 1995 geschlossen hatten. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde nämlich auch für die öffentlich Beschäftigten in Ostdeutschland die Zusatzversorgung eingeführt. Im Gegenzug wurde vereinbart, dass Tätigkeiten vor 1990 nicht leistungssteigernd wirken sollen.
Damit wurde aber allen Ex-DDR-Bürgern, die zwischen Oktober 1990 und November 1995 im öffentlichen Dienst Westdeutschlands angefangen haben, etwas weggenommen. Denn sie hatten bis zu dieser Änderung damit rechnen können, dass ihre DDR-Arbeitsleistung immerhin zu 50 Prozent berücksichtigt wird – so wie die Tätigkeit eines Westdeutschen in der Privatwirtschaft.
Die nachträgliche Änderung der VBL-Satzung, die 1995 vorgenommen wurde, verstieß nach Ansicht des BGH gegen „Treu und Glauben“ und ist daher in solchen Fällen „nicht anzuwenden“. Geklagt hatte ein heute 71-jähriger Mann, der bis 1990 bei den Berliner Verkehrsbetrieben in Ostberlin und anschließend beim Berliner Senat beschäftigt war. Er kann nun mit einer rund 500 Mark höheren Rente und einer Nachzahlung rechnen.
Neben ihm dürften auch mehrere tausend Ex-DDR-Bürger von diesem Urteil profitieren, die nach der Wende in den Westen gingen oder in Berlin zum Westtarif übernommen wurden. Keine Bedeutung hat das Urteil dagegen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst Ostdeutschlands (Az.: IV ZR 140/99).
CHRISTIAN RATH
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