rechtsextremisten: Nackte Tatsachen verdrängt
Auch der neueste antisemitische Vorfall an der Synagoge in der Rykestraße wird von der Berliner Polizei zu einer Sauftour-Eskapade runtergespielt. Dass die beiden Täter kurz vor dem Nationalfeiertag der Deutschen und am jüdischen Neujahrsfest auf die Idee für diese Blitzeraktion kamen – alles Zufall, will uns die Polizei glauben machen. Wer will dieser gefährlichen Blauäugigkeit eigentlich noch glauben? Für wie doof hält die Ordnungsmacht ihre Bürger?
Kommentar von PHILIPP GESSLER
Da ist der Steinmetz, dessen Lager zerstört wurde, weil er jüdische Grabsteine gratis wieder aufrichtete – die Polizei riet ihm, den Schaden doch selbst zu fotografieren. Da sind die Anschläge auf das Grab von Galinski, auf die Ausstellung über NS-Alltagsterror gegen Juden am Anhalter Bahnhof und auf den Jüdischen Friedhof in Weißensee – sie alle blieben unaufgeklärt. Da ist der ermordete Sozialhilfeempfänger, bei dem die Polizei erst nach Wochen rausließ, dass Rechtsextreme ihn töteten. Stets stellt sich die Frage: Müssen die Täter sich erst bei der Polizei melden und ihr NPD-Parteibuch vorlegen, damit sie gestellt und als Neonazis registriert werden?
Nein, die Öffentlichkeit sollte sich das andauernde Versagen und Verdrängen ihrer Ordnungshüter nicht länger gefallen lassen. Zu erinnern wäre an den Vorschlag des Publizisten Henryk M. Broder, der so lange keine Knöllchen mehr bezahlen will, wie diese Anschläge nicht aufgeklärt sind. Doch mittlerweile würde es einem schon beinahe genügen, wenn die Polizei einen wenigstens nicht für dumm verkaufen würde.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen