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Nackte stürmen Synagoge

Jüdische Gemeinde: Skinheads in Springerstiefeln wollten Gottesdienst zum Neujahrsfest stören und wurden erst von eigenen Wachleuten gestoppt. Polizei: Kein extremistischer Hintergrund

von PHILIPP GESSLER

Am jüdischen Neujahrsfest haben zwei nackte Männer versucht, während des Gottesdienstes in die Synagoge an der Rykestraße im Prenzlauer Berg einzudringen. Nach Angaben der Jüdischen Gemeinde, die die Tat vom Samstag erst jetzt meldete, handelte es sich bei den Eindringlingen um Skinheads. Dies streitet die Polizei jedoch ab. Im Gegensatz zum Gemeindevorsitzenden Andreas Nachama, der den Störungsversuch der Reihe antisemitisch-rechtsextremistischer Akte der vergangenen Jahre in der Stadt zuordnete, will die Polizeipressestelle nichts von einem extremistischen Hintergrund wissen.

So unterschiedlich wie die Wertung ist zwischen Gemeinde und Polizei auch die Beschreibung des Vorfalls: Wie die Gemeinde berichtet, haben die beiden glatzköpfigen Männer im Alter von 25 und 29 Jahren, gekleidet nur mit Springerstiefeln, drei Polizisten vor der Synagoge „ausgeschaltet“. Sie seien erst von Sicherheitsleuten der Gemeinde durch den Einsatz von Pfefferspray aufgehalten worden.

Die Polizeipressestelle betonte dagegen, die beiden Männer seien weder Skinheads gewesen noch hätten sie Springerstiefel angehabt.

Nach Auskunft der Polizei sind die beiden Männer von zwei Wachbeamten zunächst des Platzes verwiesen worden. Während der 29-Jährige daraufhin in ein nahe gelegenes Lokal verschwunden sei, habe der 25-Jährige einem Wachpolizisten einen Fausthieb gegeben, ihn zur Seite gedrängt und sei dann in Richtung Synagoge gestürmt. Ein Wachmann der Gemeinde sei den Polizisten dann zu Hilfe geeilt, habe das Pfefferspray eingesetzt und den nackten Mann niedergeschlagen. Der 25-Jährige sei dann in ein Krankenhaus gebracht worden.

Die Polizei erwähnte den Vorfall in ihrem öffentlichen Pressebericht nicht. In der Jüdischen Gemeinde zeigte man sich entsetzt über die Polizei-Ermittler: Sie hätten schon eine gute Stunde nach dem Vorfall zu wissen vorgegeben, dass es sich nicht um eine rechtsextremistische Tat gehandelt habe.

Nachama sagte der taz, er sei auch angesichts des gestrigen Anschlags auf die Synagoge in Düsseldorf „deprimiert“. Er erinnerte an den Bombenanschlag auf das Grab des früheren Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, Ende 1998 auf dem Friedhof an der Heerstraße und an die Randale auf dem Friedhof in Weißensee, als vor einem Jahr 103 Grabmäler umgeworfen wurden. Der Vorfall zerstöre die offene und internationale Stimmung der Stadt – „und so ist es auch gemeint gewesen“, sagte der Gemeindechef. Wenn es stimme, dass kein rechtsextremistischer Hintergrund vorliege, zeige dies nur, wie tief der Antisemitismus bereits in die Gesellschaft eingedrungen sei.

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