: Vom „cold call“ bis zum „Churning“
Die Tricks der Anlagebetrüger auf dem Grauen Kapitalmarkt sind vielfältig. Wer auf das Versprechen hoher Renditen setzt oder gleichsam „blind“ kauft, kann viel Geld verlieren. Verlangen Sie einen Originalnachweis über den Verbleib Ihres Geldes
Anleger, die sich für die „traditionellen“ Marktsegmente eines Finanzplatzes entscheiden – das sind neben dem Aktien-, vor allem der Renten- und Terminhandel –, investieren am so genannten weißen, der staatlichen Überwachung unterliegenden Kapitalmarkt. Lockt das große Geld, sind Anleger jedoch auch bereit, das sichere Anlageterrain zu verlassen und sich auf Angebote vom so genannten Grauen Kapitalmarkt einzulassen. Bei diesen Anlagen versprechen windige Anlageberater zwei-, ja sogar dreistellige Renditen binnen kürzester Zeit. Nicht selten werden die Klienten dabei um ihre gesamten Ersparnisse gebracht, warnt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV).
Als Grauer Kapitalmarkt wird der von staatlicher Regulierung und Überwachung weitgehend freie Teil des Kapitalmarktes definiert. Hier hat sich ein großer Markt unseriöser Anlageformen entwickelt, deren eigentlicher Zweck es ist, den Anleger um sein Geld zu bringen. Häufig ist dabei zu beobachten, dass der Anleger überhaupt nicht oder nur völlig unzureichend über Anlagerisiken aufgeklärt wurde. Daher rechnet er auch nicht mit einem Verlust des Geldes. Darüber hinaus locken die Finanzberater mit Angeboten, die nur ein Ziel haben: den Anleger durch Straftaten wie Veruntreuung oder Betrug um sein Geld zu bringen.
Eine klare Trennlinie zwischen seriösen und unseriösen Geschäftspraktiken oder Anbietern ist kaum zu ziehen. Trotzdem gibt es Geschäftspraktiken, so der DSGV, die den Anleger aufhorchen lassen sollten. Dazu zählt, dass der Finanzberater ohne vorherige Vereinbarung einfach anruft und das angeblich so Rendite trächtige Anlagegeschäft mit einem so genannten „cold call“ an den unbedarften Anleger bringen will. Versprechen oder gar eine „Garantie“ über zwei- und dreistelliger Renditen binnen weniger Tage oder Wochen sollten aber jeden Anleger aufhorchen lassen, denn diese Performances können niemals garantiert werden, warnt der Sparkassen-Verband. Weiteres Stichwort, das den Anleger stutzig machen sollte, sind Steuervorteile, vor allem wenn diese in Kombination mit der Anlage in exotischen Ländern, so genannten Steueroasen, offeriert werden.
Zögert der Anleger, hat der unseriöse Anbieter natürlich einige Tricks parat. Beliebt ist das Schüren von Ängsten. Derzeit müssen dafür vor allem die Einführung des Euro und die sich verschlechternde Situation der gesetzlichen Rentenversicherung herhalten. In der öffentlichen Diskussion vorgetragene Argumente werden dabei – so die Erfahrung der Sparkassen – bewusst negativ ausgelegt und überspitzt dargestellt. Zeigt sich das „Anlageopfer“ weiterhin zurückhaltend, legt der Berater die Daumenschrauben an: Die vermeintlich so begehrten, weil gewinnträchtigen Anlagepapiere könnten bei zögerlicher Entscheidung schon vergriffen sein oder die Steuervorteile laufen zu einem nahen Stichtag aus. Insbesondere wenn der Verbraucher den Anlageberater nicht oder noch nicht lange kennt, sollte man sich „auf gar keinen Fall unter Zeitdruck setzen lassen“, mahnt der DSGV.
Entschließt sich der Kunde dennoch zur vermeintlich gewinnträchtigen Anlage, sollte er in jedem Fall darauf achten, dass er einen Originalnachweis über seine Geldanlage erhält. Hintergrund: Anlagebetrüger investieren das Kapital oft gar nicht oder nur teilweise und gaukeln dem Anleger durch fiktive Kontoauszüge die Investition lediglich vor. Tatsächlich führen sie die eingezahlten Guthaben auf Sammelkonten zusammen und verteilen die Gewinne und Verluste, so weit sie überhaupt entstehen, willkürlich auf die Kunden. Das Führen derartiger „Omnibuskonten“ ist nach Angaben des DSGV für Anlageunternehmen, die staatlicher Aufsicht unterliegen, unzulässig. Durch die Trennung von Kundengeldern untereinander und von den Geldern des Wertpapierdienstleisters wird eine Steigerung der Transparenz erreicht. Zudem erleichtert es eine effektive Aufsicht.
Weiteres Kriterium, das den dubiosen Berater kennzeichnet, sind die meist deutlich überhöhten Gebühren und Preise. Dabei ist auch häufig zu beobachten, dass Gebühren zwar an ein Brokerhaus abgeführt werden, aber dann doch auf die Konten der Vermittler zurückfließen. Solche „Kick-backs“ müssen offengelegt werden, damit der Kunde die Zahlungen nachvollziehen kann. Ohne Offenlegung sind „Kick-backs“ verboten. Grundsätzlich gilt daher: Sind Preisbildung oder Provisionsregelungen nicht eindeutig nachzuvollziehen, sondern verschleiert, sollte das Geschäft nicht geschlossen werden, rät der Sparkassen-Verband.
Eng mit dem Trick der extrem hohen Gebühren verbunden ist die Methode des „Churning“. Dabei streicht der Anbieter durch häufiges Umschichten des Depots Gebühren ein, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung dafür gegeben ist. Oft werden bis zu 50 Prozent, teilweise sogar bis 100 Prozent des angelegten Geldes durch eine solche „Gebührenreiterei“ verbraucht. Das einzige Ziel, das dabei seitens des Anbieters verfolgt wird, ist die Mehrung seiner eigenen Profite, aber nicht die effiziente Vermögensverwaltung für den Anleger.
Die Mehrung der eigenen Profite steht auch im Vordergrund bei der so genannten Hinhaltetaktik, für die folgende Vorgehensweise charakteristisch ist: Nach anfänglichen kurzfristigen Gewinnen, die zumeist nur auf dem Papier existieren, wird vom Anleger weiteres Geld eingefordert, da die Kunden nun ja den „Nachweis“ haben, dass die Anlagestrategie oder das Geschäft rentabel und seriös sei. Sobald die garantierten „Superrenditen“ ausbleiben, wird der Anleger mit Hinhaltetaktiken ruhiggestellt. Dazu werden meist zeitweilig schwierige Bedingungen an den Finanzmärkten oder ähnliche Umstände vorgeschoben. Um entstandene Verluste zu kompensieren, fordern die Anbieter weiteren Kapitaleinsatz vom Kunden. Dies solle entstandene Verluste ausgleichen und die versprochenen Renditen erwirtschaften. Anleger sollten darauf auf keinen Fall eingehen.
BEATE YILMAR (np)
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