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Notizen aus der PDS-Provinz

Mit Bärbel Grygier schickt die PDS die zweite Bürgermeisterkandidatin für Friedrichshain-Kreuzberg ins Rennen. Doch auch sie stößt in den eigenen Reihen auf Unmut. Ihre Wahl scheint dennoch sicher

von SABINE AM ORDE

Es sah wie ein Glücksgriff aus. Als die PDS Anfang der Woche Bärbel Grygier als künftige Bürgermeisterin des Fusionsbezirks Friedrichshain-Kreuzberg präsentierte, da schien die Krise gemeistert zu sein. Die jetzige Bürgermeisterin von Hohenschönhausen, eine gebürtige Friedrichshainerin, die seit drei Jahren in Kreuzberg wohnt und durch einen bisweilen unkonventionellen Politikstil von sich reden macht, schien die geeignete Kandidatin für den symbolträchtigen Ost-West-Bezirk zu sein, in dem es künftig ein Linksbündnis aus PDS, SPD und Grünen geben soll.

Doch jetzt regt sich ausgerechnet in der eigenen Partei Unmut über die Kandidatur der 45-Jährigen. Bei einer Probeabstimmung der gemeinsamen Fraktion sprachen sich fünf von 17 Mitgliedern nicht für Grygier aus. Die Kritiker, die aus Friedrichshain kommen, sähen lieber ihre Bezirkschefin, die Abgeordnete Martina Michels, als künftige Rathauschefin. Steffen Zillich, einer von zwei Bezirksvorsitzenden der PDS Friedrichshain-Kreuzberg, beunruhigt das nicht. „Angesichts der schwierigen Situation nach dem Rücktritt von Dieter Hildebrandt war das eine breite Zustimmung.“ Der bisherige Friedrichshainer Sportstadtrat Hildebrandt, gegen den ein Verfahren wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch läuft, hatte seine Kandidatur in der vergangenen Woche zurückgezogen. Zillich geht davon aus, dass Grygier morgen von der PDS nominiert und am kommenden Mittwoch mit den Stimmen der gesamten Fraktion zur neuen Rathauschefin gewählt wird.

Auch in der Friedrichshainer SPD gibt es Bedenken gegen Grygier. Bei einem Treffen der Gesamtfraktion sprachen sich alle sieben Friedrichshainer Abgeordneten gegen sie aus. Auch die SPDler bevorzugen Michels. „Es gibt noch Gesprächsbedarf“, sagt SPD-Kreischef Stefan Zackenfels. Doch schon heute will Bärbel Grygier seine Fraktion treffen. Zackenfels glaubt daher, „dass die SPD-Fraktion in Geschlossenheit dem Linksbündnis entsprechend wählen wird“.

Bei den Grünen gibt es mehr Begeisterung für die neue Kandidatin. Von einer „sehr guten Wahl“ spricht der Kreuzberger Fraktionschef Reimund Helms. Und die Kreuzberger PDS ist begeistert. „Ich finde das richtig gut“, sagt ihr Sprecher Michael Prütz. „Grygier kann Ost und West verbinden.“ Trotz skeptischer Stimmen sieht alles danach aus, als könnte sie sich dieser Aufgabe bald stellen.

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