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Sehnsucht nach Eisschrank

■ Die Vorschau: Heute gastiert Jan Garbarek in der Glocke

Der Mann konnte auch mal anders. Auf „Afric Pepperchild“ blies Jan Garbarek wie ein Wüstling ins Saxophon, würgte und quetschte die schrägsten Töne aus dem Horn und gab sich alle Mühe, ein gelehriger, vor Expressivität berstender Schüler seines großen Idols John Coltrane zu sein. 30 Jahre ist das inzwischen her und aus den vier norwegischen Debütanten von damals – neben Garbarek bildeten Terje Rypdal, Arild Andersen und Jon Christensen das „Pepperchild-Quartett – sind große Stars des internationalen Jazz geworden, aus Jan Garbarek sogar ein ganz ganz großer.

Nicht nur der Bekanntheitsgrad, auch die musikalische Ausdrucksweise Garbareks hat sich seit seinem Debüt dramatisch verändert. Inzwischen weiß der gebürtige Osloer selber nicht mehr, wie er die Schublade nennen soll, in die ihn verzweifelte KritikerInnen fortwährend stopfen wollen. Als es den Begriff noch nicht gab, wurde Garbarek in den 70er Jahren wie viele Jazzer seiner Generation zum Protagonisten der Weltmusik, vermengte in unterschiedlichsten Projekten indische, skandinavische, osteuropäische oder brasilianische Klangtraditionen. Später machte sich der Multiinstrumentalist auch einen Namen als Komponist von Film- und Theatermusiken, entdeckte seine Liebe zur Klassik, die ihn in den letzten Jahren schließlich zu heftig gefeierten Konzerten in den Gotteshäusern dieser Welt führte, wo er sich an der Seite des Hilliard Ensemble dem musikalischen Mittelalter widmete.

Geradezu unberührt von diesen unterschiedlichsten Traditionen hat Garbarek jedoch schon früh eine Art des Saxophonspiels kultiviert, die zu seinem unverwechselbaren Markenzeichen geworden ist. Von erfrischend wüsten Getute der Anfangszeit ist nichts geblieben: Zumeist glasklare Klangbögen von beinahe penetranter Eindringlichkeit legen sich über den zumeist pochenden Sound der Rhythmussektion. Garbareks zuweilen selbstverliebter Ton ist nie frei von elegischen Stimmungen und erzeugt beim Zuhörenden regelmäßig das Bedürfnis, sich vor den geöffneten Eisschrank zu setzen und von der großen weiten Steppe zu träumen.

Seinen heutigen Auftritt in der Glocke bestreitet Jan Garbarek mit seinen langjährigen musikalischen Begleitern Rainer Brüninghaus (keyboards), Eberhard Weber (bass) und Marilyn Mazur (percussion). Dieses Terzett hat auch schon bei Garbareks Opus magnum „Rites“ von 1998 mitgewirkt. zott

Heute Abend, 20 Uhr, im großen Saal der Glocke

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