: Machtkampf droht
Die Grünen könnten den CDU-Kandidaten fürs Verfassungsgericht blockieren – als Revanche
FREIBURG taz ■ Nach dem Tod von Verfassungsrichter Klaus Winter hoffen die Grünen, nun endlich einen eigenen Personalvorschlag für das Bundesverfassungsgericht durchsetzen zu können. Grüner Kandidat ist nach wie vor Ulrich K. Preuß, ein parteiloser Verfassungsrechtler, der einen Lehrstuhl an der Berliner FU innehat.
Winter war CDU-Mitglied und gehörte dem Zweiten Senat an. Für diesen Posten hat die CDU nun erneut das Vorschlagsrecht. Sie ist dann aber, da Verfassungsrichter stets mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden, auf die Zustimmung von Rot-Grün angewiesen. Dies könnten die Grünen nutzen, endlich ihren Kandidaten Preuß, der auch von der SPD mitgetragen wird, durchzusetzen. Preuß soll als Nachfolger des amtsmüden Jürgen Kühling Richter am Ersten Senat werden und wäre dann unter anderem für Arbeitsrecht und die Wissenschaftsfreiheit zuständig. Doch bisher hat die CDU alle Personalvorschläge der Grünen blockiert. Preuß sei „für das Bundesverfassungsgericht nicht förderlich“, hieß es in einem Brief von CDU-Richtermacher Rupert Scholz ohne weitere Begründung. Die Ablehnung ist schon deshalb unverständlich, weil Preuß bereits seit 1992 Richter am Bremer Staatsgerichtshof ist und seine dortige Wiederwahl auch mit den Stimmen der Bremer Union erfolgte. Falls Rot-Grün die Personalvorschläge der Bundes-CDU jetzt in ähnlicher Weise blockiert, hat die Union erst mal die schlechtere Ausgangsposition. Denn durch den Tod von Winter besteht derzeit am Zweiten Senat ein „linkes“ Übergewicht.
Andererseits war Winter einer von drei ehemaligen Bundesrichtern, die in jedem der achtköpfigen Senate sitzen müssen. Die Union wird also erneut einen Bundesrichter vorschlagen, wobei diese in der Regel weniger Ecken und Kanten haben als Juristen mit Politik- oder Hochschulkarriere. Sollte Rot-Grün einen derartigen Unionskandidaten ablehnen, wäre dies der Beginn eines offenen Machtkampfes um die Richterwahl.
CHRISTIAN RATH
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