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Präsident der Philippinen stolpert über Glücksspielaffäre

Opposition stellt einen Antrag auf Amtsenthebung von Joseph Estrada. In der Hauptstadt Manila demonstrieren tausende für den Rücktritt des Staatschefs

BANGKOK taz ■ Die philippinische Regierung droht über eine Glücksspiel- und Bestechungsaffäre zu stürzen. Oppositionspolitiker in Manila stellten gestern den Antrag auf Amtsenthebung gegen Präsident Joseph Estrada.

Auslöser der Krise: Ein Provinzgouverneur mit engen Verbindungen zur Unterwelt hatte den Regierungschef vor wenigen Tagen öffentlich als „Herr des illegalen Glückspiels“ bezeichnet. Der Gouverneur behauptete, er habe Estrada seit dessen Amtsantritt 1998 rund 19 Millionen Mark zugesteckt. Die Schmiergelder stammten aus einer besonders bei den Armen beliebten illegalen Lotterie namens „Juetang“. Estrada dementierte. Aber es half nichts, denn dies war nur der jüngste einer Reihe von politischen Skandalen, die Aktienkurse und Währung des Landes in den Keller treiben. Sozialministerin Gloria Macapagal-Arroyo, die mit dem Präsidentenjob liebäugelt, legte am Wochenende ihren Kabinettsposten nieder. Sie blieb aber Vizepräsidentin. Ein Drittel der 217 Abgeordneten und zwei Drittel der 23 Senatoren müssen dem Antrag auf Amtsenthebung zustimmen, der von 41 Parlamentariern und 26 Bürgergruppen unterzeichnet ist.

Unterstützt wird die Opposition unter anderen vom einflussreichen katholischen Kardinal Jaime Sin. Tausende Bewohner Manilas demonstrierten gestern für Estradas Rücktritt.

Der „Juetang“-Skandal enthüllt die enge Verknüpfung von Politik und Glücksspiel auf den Philippinen. Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres machte die staatliche Pagcor-Lotterie nach einem Bericht des Asian Wall Street Journal einen Umsatz von rund 400 Millionen Mark. In eine andere Lotterie, die „Charity Sweepstakes“, fließen pro Tag mehr als eine Million Mark.

Am Wochenende kündigte der Präsident an, er werde die staatliche Lotterie privatisieren. Ob die Verquickung der Politiker mit der Glücksspielmafia damit endet, ist fraglich. Provinzgouverneur Luis Singson, der dem Präsidenten die Schmiergelder gegeben haben will, gilt als Pate des verbotenen „Juetang“. Bei diesem Spiel tippt man aus einer Reihe von 1 bis 37 auf eine Zweizahlenkombination. Wer gewinnt, erhält das 800fache seines Einsatzes zurück. Ein philippinischer Abgeordneter schätzt den Umsatz der Juetang-Syndikate auf hunderte Millionen Mark im Jahr. JUTTA LIETSCH

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