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„Eine Politik, die umsetzbar ist“

Der grüne Europaabgeordnete Ozan Ceyhun tritt in die SPD ein. Als Koordinator war er für Migrations- und Asylpolitik zuständig. Doch er fühlte sich von den Parteifreunden im Stich gelassen: „Froh, wenn ich nicht an Sitzung teilnehmen musste“

Interview: DANIELA WEINGÄRTNER

taz: Aus Deutschland kamen über die Liste nur sieben Grüne ins Europaparlament. Können Sie es verantworten, Ihr Mandat zur SPD mitzunehmen?

Ozan Ceyhun: Mich haben die Delegierten eines grünen Bundesparteitags für die Inhalte gewählt, für die ich mich hier seit einem Jahr sehr aktiv einsetze – und die von der europäischen grünen Fraktion permanent verhindert werden. Ich glaube, dass viele Delegierte mich bewusst wegen meiner Biografie gewählt haben. Und ich weiß, dass viele türkische MigrantInnen, die eigentlich der SPD nahe stehen, meinetwegen bei der Europawahl grün gewählt haben. Die Leute schätzen meine Arbeit sehr.

Glauben Sie denn, dass die Inhalte, für die Sie stehen, in der SPD gut aufgehoben sind?

Ich gehe jetzt nicht zur SPD und sage: Otto Schily hat recht, wir sollen das Asylrecht abschaffen. Ich werde genau die Innen- und Türkeipolitik fortsetzen, für die mich die Leute gewählt haben.

Menschlich zeichnen Sie ein verheerendes Bild von der Grünen-Fraktion im Europaparlament: chaotisch, widersprüchlich und fundamentalistisch. Bewerten Sie die politische Arbeit Ihrer bisherigen Parteifreunde genauso negativ?

Ich war froh, wenn ich nicht an Fraktionssitzungen teilnehmen musste. Gerade in diesem Moment, wo ich hier in Brüssel vor die Presse trete, läuft auf Antrag der grünen Fraktion eine Migrations- und Asyldebatte. Bis gestern war ich Koordinator für dieses Thema – dennoch hat es niemand für nötig gehalten, vorher mit mir darüber zu sprechen.

Können Sie ein Beispiel dafür geben, bei welchen politischen Themen Sie im Innenausschuss das Gefühl hatten, dass Ihre eigene Fraktion gegen Sie gearbeitet hat?

Ich will eine europäische Migrations- und Asylpolitik mitgestalten. Mit dem Amsterdamer Vertrag haben wir dazu die Möglichkeiten. Ich will eine Politik, die sich an den Interessen der Betroffenen orientiert, die aber auch umsetzbar ist. Ich fordere zum Beispiel, illegale Schleuserbanden polizeilich zu bekämpfen. Das bedeutet doch nicht, dass ich ehrenamtliche Hilfe für Flüchtlinge nicht weiter unterstützen will.

Wenn mich dann am nächsten Tag Ilka Schröder kritisiert, dass ich die Flüchtlinge von Dover ein zweites Mal getötet hätte, dann frage ich mich, wie grüne Wähler darauf reagieren. Ich könnte einen Roman füllen mit solchen Beispielen – aber das werde ich nicht tun.

Ihr ehemaliger Parteifreund Daniel Cohn-Bendit hat kritisiert, dass Sie Ihr Mandat mitnehmen. Ab heute sitzen Sie für die SPD als Cohn-Bendits Stellvertreter im Gemischten Parlamentarischen Ausschuss EU–Türkei. Wie wird die Zusammenarbeit sein?

Er ist ein hervorragender Politiker. Inhaltlich habe ich keinerlei Differenzen mit ihm. Es ist uns aber menschlich nicht gelungen, gut zusammenzuarbeiten – obwohl wir doch die Türkeipolitik in unserer Fraktion gemeinsam gestalten sollten.

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