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Attentat auf Asylbewerber vereitelt?

■ Polizei erlässt Haftbefehl gegen mutmaßlichen Rechtsextremisten /Der 21-Jährige soll in Bremen-Nord ein Sprengstoffattentat geplant haben / Umfeld: „Kameradschaft Nord“

Bremer Kripo und Staatsanwaltschaft haben offenbar einen ausländerfeindlichen Sprengstoffanschlag verhindert. In der Nacht auf den Montag haben die Einsatzkräfte der Polizei den aus dem rechtsextremistischen Umfeld wegen „Propagandadelikten“ bereits bekannten 21-jährigen Falk L. festgenommen. Der Arbeitslose zählt zum Umfeld der rechtsextremistischen „Kameradschaft Nord“, die in Bremen Nord und Niedersachsen vom Staatsschutz beobachtet wird. Ges-tern wurde gegen ihn Haftbefehl wegen Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion erlassen.

In der Wohnung des Festgenommenen in Vegesack haben die Einsatzkräfte Sonntagnacht ein höchst explosives Sprengstoffgemisch sichergestellt, das Fachleute noch in der Nacht auf Montag auf dem Truppenübungsplatz in Schwanewede neutralisiert haben. Zuvor war die Umgebung des Mehrfamilienhauses in der Heinrich-Meyer-Straße abgesperrt worden. Vorsorglich hatten die Stadtwerke auch die Gasversorgung in der Straße unterbrochen; Feuerwehr und Krankenwagen waren vor Ort.

Nach Angaben der Polizei wurden in der Wohnung des Mannes 90 Gramm eines hochexplosiven Sprengstoffgemisches sichergestellt sowie die hochexplosive Chemikalie Acetonperoxyd. Diese ist üblicherweise nur im reglementierten Chemikalienhandel erhältlich; über die Herkunft der anderen Explosivstoffe wollten die Ermittler gestern keine weiteren Angaben machen. Unklar ist, ob die Materialien – ebenso wie sichergestellte Bauanleitungen zur Herstellung von Sprengsätzen – typischerweise einer bestimmten Tätergruppe zuzurechnen sein könnten. Nach Angaben der Ermittler hätte mit den Materialien in Verbindung mit einer ebenfalls gefundenen Schreckschusspistole eine Rohrbombe gebaut und zielgerichtet gezündet werden können. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft, die über die Herkunft dieser Information schweigt, habe der Täter geplant, ein Asylbewerberheim anzugreifen. „Ort und Zeit sind noch unklar“, so der leitende Staatsanwalt Uwe Picard. Der Festgenommene selbst schweige bislang zu den Vorwürfen, hieß es.

Falk L., der für die Polizei als “Einzeltäter“ gilt, war polizeilich bereits im August in Erscheinung getreten. Er hatte in Bremen-Nord aus Anlass des von Neonazis erinnerten Todestages des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß Plakate geklebt. Bereits am Tag zuvor waren im Bremer Umland ähnliche Straftaten begangen worden. Erstmals im Zusammenhang mit rechtsextremistisch orientierten Taten fiel der 21-Jährige im März dieses Jahres auf. Nach offiziellen Angaben bewegte er sich im Umkreis der rechtsextremistischen „Kameradschaft Nord“. Auch trugen die von ihm geklebten Plakate Hinweise auf rechtsextremistische Gruppierungen. Nach taz-Informationen soll er zudem erst letztes Wochenende in eine Schlägerei zwischen Hammerskins und Skinheads in der Schwaneweder Kneipe „Harlekin“ verwickelt gewesen sein. Die Polizei konnte den Vorfall zunächst nicht bestätigen.

Die NPD distanzierte sich ges-tern von dem Mann. Falk L. habe vor rund vier Wochen einen Aufnahmeantrag in die NPD gestellt, erklärte Michael Kurzeja, NPD-Chef in Bremen-Stadt. Dieser Antrag sei allerdings vor rund zwei Wochen abgelehnt worden. Vor ungefähr einer Woche habe man ihn zudem aus der Kameradschaft Nord ausgeschlossen. Der Grund für die Ablehnung habe darin gelegen, dass Falk L. gezielt einzelne Rechte angesprochen habe, ob sie sich an einer Aktion gegen ein Asylbewerberheim beteiligen wollten. Die Rechten hätten daraufhin gefürchtet, dass es sich bei dem Mann um einen Provokateur des Verfassungsschutzes handele, sagte Kurzeja. ede/cd

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