Shoppen zum Schoppen

Einkaufen bis in die Puppen zwischen Kollwitzplatz und Helmholtzplatz: Nahezu der gesamte Prenzlauer Berg soll zum Touristengebiet erklärt werden. Der Ladenschluss wäre damit unterlaufen

von UWE RADA

Abends erst einen Schoppen Wein trinken, dann zum Shoppen in die umliegenden Geschäfte. Dieser schwäbische Touristentraum könnte in Prenzlauer Berg bald in Erfüllung gehen. Geht es nach dem Willen von SPD und CDU, soll das gesamte Gebiet zwischen Teutoburger Platz, Kollwitzplatz, Oderberger Straße und Helmholtzplatz demnächst zum „Touristengebiet im Sinne des Ladenschlussgesetzes“ erklärt werden. Die Geschäfte könnten damit nicht nur werktags länger öffnen, sondern auch Sonnabend bis Sonntag abend ihre Türen öffnen.

In einem entsprechenden Antrag begründet die SPD-Fraktion in der BVV Prenzlauer Berg den Vorstoß mit dem touristischen Charakter des Bezirks. Jedes Jahr besuchten etwa 20 Millionen Touristen – etwa ein Fünftel aller Berlin-Besucher – den Prenzlauer Berg. Der Umsatz in der bezirklichen Touristenbranche betrug 1999 rund 1,65 Milliarden Mark. In einem weiteren Schritt, so die SPD, solle nun „die stark gastronomisch geprägte Gewerbestruktur um ausgewählte Einzelhandelsnutzungen ergänzt“ werden. In anderen europäischen Metropolen wie etwa Paris oder Mailand seien entsprechende Regeln längst in Kraft. Die CDU hat in die BVV einen nahezu gleich lautenden Antrag eingebracht.

Solcherlei touristische Fürsorge stößt allerdings nicht überall auf Gegenliebe. „Mit einer Erweiterung der Ladenöffnungszeiten wird der Umbau von Prenzlauer Berg zum Touristengebiet vorangetrieben“, meint Matthias Bernt, Sprecher der Betroffenenvertretungen. Alle Probleme, die mit dem Kneipenboom zusammenhängen, würden verstärkt – etwa der Lieferverkehr und der Lärm.

Ablehnend äußerte sich auch die PDS-Abgeordnete Claudia Nier. „Der Antrag ist lächerlich, weil man Prenzlauer Berg nicht mit Paris vergleichen kann. Dort wohnen in der Innenstadt kaum mehr die angestammten Bewohner.“ Nier, die zugleich Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses in Prenzlauer Berg ist, erinnert außerdem an die Sanierungsziele in den fünf Sanierungsgebieten des Bezirks. „Wenn das mit den Sanierungszielen nicht übereinstimmt, dann geht das eben nicht“, sagt die PDS-Frau.

Etwas offener gegenüber dem Ansinnen von SPD und CDU sind die Grünen. Man habe prinzipiell nichts gegen eine Verlängerung der Öffnungszeiten am Abend, sagt der grüne Fraktionsvorsitzende Andreas Otto. „Der Sonntag muss aber frei bleiben.“ Man müsse deshalb grundsätzlich fragen, ob man den Tourismus verstärken wolle und wie viel Tourismus das Gebiet vertrage. Bislang gelten in Berlin die Altstadt Köpenick, der Breitscheidplatz und der Potsdamer Platz sowie der Alex als Tourismusgebiete. Ob der Prenzlauer Berg dazu kommt, soll noch in diesem Monat im Stadtentwicklungs- sowie im Wirtschaftsausschuss beraten werden. Schon in der Dezembersitzung der BVV könnte der Antrag zur Abstimmung kommen.