: Treibjagd auf den Triebtäter
Fieberhafte Suche nach flüchtigem Triebtäter Frank Schmökel. Der brandenburgische Gesundheits-Staatssekretär Herwig Schirmer tritt zurück. Innenminister Jörg Schönbohm fordert schärfere Gesetze
von PHILIPP GESSLER
Nach dem eingestandenen Mord an einem Berliner Rentner hat die Polizei die Suche nach dem flüchtigen Gewaltverbrecher Frank Schmökel erneut intensiviert – verfolgt jedoch auch zehn Tage nach dessen Flucht aus der Nervenklinik Neuruppin immer noch viele widersprüchliche Spuren. Zugleich hat die Flucht Schmökels mit dem Rücktritt des Gesundheitsstaatssekretärs Herwig Schirmer (SPD) im Land Brandenburg zu ersten politischen Konsequenzen geführt.
Wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) mitteilte, hat der Vergewaltiger bei einem Telefonat mit einem Psychiater den Mord an einem 60-Jährigen in einer Laubenkolonie im brandenburgischen Postbruch bei Strausberg gestanden. Dabei erbeutete er das Auto des Opfers, dessen EC-Karte und Kleidung.
Dem Ermordeten war mit einem Spaten der Schädel eingeschlagen worden. Die Tatwaffe wurde im Garten der Laube gefunden. Schon am Beginn seiner Flucht hatte Schmökel, ein 1,92 Meter großer, athletisch gebauter Mann, einen Pfleger niedergestochen und dabei lebensgefährlich verletzt.
„Dort läuft eine lebende Zeitbombe herum“, sagte ein Ermittler der Polizei. Mittlerweile sind etwa 400 Polizisten auf den Triebtäter angesetzt. Ermittelt wird in Sachsen, Sachsen-Anhalt und in Mecklenburg-Vorpommern. Bisher sind aus der Bevölkerung etwa 1.000 Hinweise auf den Täter eingegangen – selbst aus Polen. Schmökel wird mittlerweile mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Am Freitagnachmittag konzentrierte sich die Suche der Polizei auf den Raum Niesky bei Görlitz.
In Potsdam ist die Politik Brandenburgs in Wallung geraten. Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) sagte, für die Flucht Schmökels habe Schirmer mit seinem Rücktritt die politische Verantwortung übernommen. Der Staatssekretär hatte vor drei Jahren die Richtlinien für den Maßregelvollzug im Lande ausgearbeitet. Stolpe hatte schon vor Tagen eine Überprüfung dieser Regeln gefordert. Sein Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), der auch CDU-Landeschef ist, verlangte schärfere Gesetze im Strafvollzug. Er betonte, in Zukunft solle bei Strafverfahren gegen Schwerverbrecher die Sicherheit vor der Rehabilitierung „Vorrang“ haben. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat unterdessen gegen die Leitung der Nervenklinik Neuruppin eine Anzeige wegen „Gefangenenbefreiung und Beihilfe zu einem Tötungsverbrechen“ erstattet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen