Endlich: Pennerglück im Ratskeller

■ Knapp eine Millionen Mark Zuschuss für den Weinhandel aus der Staatskasse allein in diesem Jahr / Bremen will in den staatlichen Weinläden demnächst auch Lambrusco verkaufen

Die Stadtgemeinde Bremen lässt sich die Daseins-Vorsorge mit gutem deutschen Wein etwas kosten. Mehrere 100.000 Mark Zuschuss pro Jahr für das Weinlager der staatlichen Ratskeller-GmbH im Keller unter dem Rathaus sind im Haushalt jedes Jahr eingeplant. Kein Weinhändler würde sein Lager unterhalten an einer Stelle, an der man nicht mit einem Lkw vorfahren und anliefern kann. Aus „touristischen Gründen“ aber soll das Weinlager dort bleiben.

300.000 Mark zusätzlich wird allein dieses Jahr der Versuch kos-ten, den Ratskeller-Wein nicht nur in der Ecke hinter dem Rathaus, sondern auch an anderen Orten zum Verkauf anzubieten. Am kommenden Freitag soll der Haushaltsausschuss des Parlaments diesen ungeplanten Zuschuss bewilligen und noch zusätzlich entscheiden, ob die Ratskeller-GmbH die Pacht, die sie von der Maritim-Gruppe für den gastronomischen Betrieb „Ratskeller“ erhält, zur Deckung ihrer Defizite behalten darf.

Die beiden neuen staatlichen Weinläden im Hansa-Carree und im Walle-Center laufen schlecht. Sehr schlecht sogar, nach einer internen Prognose wird jeder Laden am Jahresende mehr als 100.000 Mark Miese gemacht haben. Dabei sollten sie Gewinn abwerfen. Schon 1994 hatte der damalige Finanzsenator angekündigt, mit privatem Sachverstand sollte das jährliche Defizit des staatlichen Weinkellers reduziert werden. Der Aufsichtsratschef war damals der heutige Chef der Bremer Investitions-Gesellschaft (BIG), Ulrich Keller.

Sein Nachfolger Uwe Färber, heute Staatsrat im Wirtschaftsressort, schritt zur Tat: Im Jahre 1999 bewilligten Bremens Haushälter 400.000 Mark zusätzlich, damit die Ratskeller-GmbH zwei neue Weingeschäfte aufmachen konnte. Mit dem „privaten Sachverstand“ war es aber nicht so weit her. Weinhändler, die auch das Risiko ihrer Geschäfte tragen, schüttelten damals den Kopf: Die Ladenlokale waren anderen Weinläden vergeblich und wie Sauerbier angeboten worden. Ein Geschäft nur mit teurem deutschen Wein würde zudem kein seriös kalkulierender Privatmann aufmachen.

Mit dem Polster aus Steuergeld im Rücken wurden die neuen Geschäftslokale aber eingerichtet. Die groteske Begründung für die Expansion: Aus besonders hohen Überschüssen sollte der jährliche Zuschussbedarf des Ratskeller-Weinlagers vermindert werden.

Statt der Überschüsse gab es – für die Branche nicht unerwartet – nur neue Verluste. Sogar der Weinladen im Weserpark steht mit minus 57.000 Mark in der diesjährigen Prognose. Die defizitären Weinläden einfach schließen geht nicht: Die Ratskeller-GmbH hat Mietverträge über zehn Jahre abgeschlossen. Und private Weinhändler wollen als „Nachmieter“ die Läden nicht übernehmen.

Der neue Geschäftsführer Jörn Enholt, der hauptberuflich Controller bei der HVG ist, will daher nun die Geschäfte des staatlichen Weinhandels noch weiter ausdehnen, indem er auch preiswertere südländische Weine anbietet. Schließlich „ist die Wein-Abteilung im Edeka nebenan größer als unser Laden“, sagt er mit scharfem Blick auf die Konkurrenz. Das geht aber schlecht unter dem edlen Etikett „Ratskeller“. Daher soll eine Tochterfirma mit neutralem Namen gegründet werden. Ein Privater soll einsteigen, aber auf erweitertes staatliches Risiko: Bedingung ist die staatliche „Freihalte-Erklärung“ (Wenn die Geschäfte schlecht laufen, zahlt auch weiterhin der Staat).

Der Aufsichtsrat hat am Montagabend kein Okay gegeben für die weitere Expansion des staatlichen Weinhandels. Der Aufsichtsratsvorsitzende Reinhard Metz (CDU), als Staatsrat auch verantwortlich für die Staatsfinanzen, wollte sich öffentlich nicht äußern zu dem internen Streit. K.W.