: Regulierungsbehörde für die Bahn
Der Bahnchef hat es schwer: Der Verkehrsminister gibt ihm keinen Pfennig extra. Obendrein wird ihm künftig ein aufgerüstetes Eisenbahnbundesamt genauer auf die Finger schauen. Wettbewerbsverzerrungen sollen so aufgedeckt werden
von THORSTEN DENKLER
Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) will das Eisenbahnbundesamt offensichtlich zu einer Art Regulierungsbehörde für die Deutsche Bahn machen. Der Entwurf für eine entsprechende Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes sei in Arbeit, sagte er gestern in Berlin bei der Vorstellung des Verkehrsberichtes der Bundesregierung. Das Bundesamt soll bei Wettbewerbsverzerrungen von sich aus einschreiten können. Bisher wird es nur aktiv, wenn Beschwerden vorliegen. Der Deutschen Bahn AG wurde in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, ihre Monopolstellung missbraucht zu haben. Die DB Netz AG soll den anderen Töchtern der Bahn, wie der DB Reise und Touristik oder der DB Cargo, Preisvorteile für die Nutzung ihrer Schienen eingeräumt haben. Außerdem sind immer wieder Fälle bekannt geworden, wo die DB Netz regionale Strecken nicht mehr bewirtschaftet hat, wenn konkurrierende Bahngesellschaften den Zuschlag bekommen sollten. Das Eisenbahnbundesamt solle nun zu einer „scharfen Waffe“ werden, um Wettbewerbsbehinderungen zu bekämpfen, sagte ein enger Mitarbeiter Klimmts der taz. Dafür brauche das Eisenbahnbundesamt mehr Personal.
Bis 2015 wird nach der Prognose der Bundesregierung der gesamte Personenverkehr um 20, der Güterverkehr um 64 Prozent zunehmen. Wenn nichts geschehe, werde der Anteil der Schiene am Güterverkehr von jetzt 20 auf 16 Prozent sinken, sagte Klimmt. Er will deshalb die Leistung der Schiene auf 150 Milliarden Tonnenkilometer (beförderte Menge multipliziert mit der Kilometerzahl) verdoppeln, um ihre Stellung unter den Verkehrsträgern zu verbessern.
Mehr Geld soll die Bahn dafür nicht bekommen. Klimmt: „Ich werde nicht wieder zu Eichel pilgern und sagen: Hans, rück Kohle raus.“ Die Bundesregierung werde stattdessen ein Drei-Säulen-Programm vorlegen, um die Bahnreform erfolgreich zu beenden. Dazu gehört die Einführung der Autobahngebühr von 25 bis 30 Pfennig pro Kilometer für Lkw ab 12 Tonnen, die Umstellung der bisherigen zinslosen Darlehen für Baukosten auf Zuschüsse und eine stärkere Eigenverantwortung der Bahn. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte den Zwischenbericht der Bundesregierung als „Kapitulation vor der Herausforderung der wachsenden Verkehrslawine“. Die Bezeichnung eines im Bericht dargestellten umweltfreundlichen Ansatzes als „Überforderungsszenario“ zeige, dass Klimmt mit den umweltpolitischen Anforderungen an sein Amt selbst überfordert sei. Der Umweltverband BUND forderte, die Prognosen der Bundesregierung müssten zu einer „Wende in der Verkehrspolitik“ führen.
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