: Überfälliger Akt der Versöhnung
Gestern beschloss der Bundestag das Gesetz über die „Homoehe“. Die Union drohte eine Verfassungsklage an
BERLIN taz ■ Um 12.32 Uhr war es passiert. Mit den Stimmen von SPD und Grünen beschloss der Bundestag gestern in Berlin das Gesetz zu Eingetragenen Partnerschaften homosexueller Männer und Frauen. Applaus in der Mitte des Parlaments, wo SPD und Grüne sitzen, eisige Mienen an deren Rändern. Denn Union und FDP sowie einige PDS-Abgeordnete stimmten gegen das Gesetz. Die meisten PDS-Fraktionsmitglieder enthielten sich.
Zu Beginn der Plenarsitzung hatte die Union noch versucht, die Debatte durch Geschäftsordnungsanträge zu vertagen. Man habe sich nicht ausreichend mit dem Gegenstand der Debatte vertraut machen können, sagte Norbert Geis, rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Von einem Vorwand sprach Alfred Hartenbach, der das Gesetz mitverantwortet hat. Schließlich sei die Geschäftsordnung des Hauses nicht verletzt worden. Die Union wolle nur jede inhaltliche Diskussion vermeiden, weil sie kompromisslos das gesamte Gesetzespaket ablehne.
In der anschließenden zweistündigen Debatte beklagte FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt, dass sich die Regierungsfraktionen auf kein parteiübergreifendes Reformwerk eingelassen hätten. Dabei verschwieg er, dass SPD und Grüne eben dies versucht hatten – was FDP und Union ablehnten.
Die PDS-Abgeordnete Christina Schenk lehnte das Gesetz gestern ebenfalls vehement ab. Sie befürworte eine Regelung, die „kein Sonderrecht für Homosexuelle“ schaffe. Das jetzige Gesetz enthalte beispielsweise nicht die Adoption für Homosexuelle und sei von den Rechten und Pflichten weit unterhalb der Ehe angesiedelt.
Die SPD-Abgeordnete Hanna Wolf verteidigte das Gesetz als „längst überfälligen Akt der Wiedergutmachung an Schwulen und Lesben“. Aus der Union kam der Zwischenruf, dass alle monotheistischen Religionen (Christen- und Judentum) in ihren Schriften Homosexualität für unwert hielten.
Da sei das Grundgesetz offenkundig „barmherziger“ als die Bibel, konterte SPD-Abgeordnete Margot von Renesse, zusammen mit dem Grünen Volker Beck maßgeblich an der Formulierung des Gesetzes beteiligt.
Ilse Falk von der Union berichtete, sie habe zahllose Briefe erhalten, in der ihrer Partei das C im Parteinamen abgesprochen würde, falls diese sich auf die homosexuelle Lebenspartnerschaft einlasse.
Falk wies dies zurück. Sie war die Einzige ihrer Partei, die sich überhaupt vorstellen mochte, dass es Regelungsbedürfnisse für homosexuelle Partnerschaften gibt.
Am Ende der Debatte, bei der rot-grüne Redner von der Union mit Worten wie „ehrlos“ und „würdelos“ bedacht wurden, mahnte Justizministerin Herta Däubler-Gmelin an die Demonstration vom Vorabend, auf der auch Unionspolitiker sich zur Toleranz bekannt hatten. Resonanz fand sie damit keine.
Nach der Abstimmung nahm Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller ihren Kollegen Volker Beck in den Arm und gab ihm einen dicken Kuss auf die Stirn. Die Union machte sich derweil an die Arbeit. Wortführer Norbert Geis: „Wir prüfen den Gang nach Karlsruhe.“ JAN FEDDERSEN
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