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„Senator ohne Fortune“

Nach dem Millionengeschenk des Bundes erklärt SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit die Opernpläne des Berliner Kultursenators für gescheitert: „Offensichtlich hat Herr Stölzl seine Kräfte überschätzt“

Interview RALPH BOLLMANN

taz: Kann sich Berlin über die Zusage des Bundes freuen, 3,5 Millionen Mark für die Staatskapelle zu spendieren?

Klaus Wowereit: Natürlich kann sich Berlin freuen. Wir haben ja immer gefordert, dass der Bund sich stärker engagiert.

Was heißt das für den Plan des Kultursenators, die Staatsoper mit der Deutschen Oper zu fusionieren?

Diese Konstruktion macht keinen Sinn mehr. Man kann jetzt nicht mehr sagen, dass die Staatsoper finanzielle Probleme hat. Das liegt nicht nur an den 3,5 Millionen, die der Bund für die Staatsoper geben will. Vorher hatte schon der Unternehmer Dussmann Geld zugesagt. Nachdem klar ist, dass Barenboim bleibt, ist auch klar: Die Opern machen sich weiter Konkurrenz. Barenboim wird es nicht der Deutschen Oper überlassen, Wagner zu spielen.

Stölzl ist mit seinem Konzept also gescheitert?

Aus meiner Sicht ist das Konzept so nicht haltbar. Jetzt ist klar: Die Staatskapelle bleibt erhalten, das Geld dafür ist da.

Für die Berliner Opernlandschaft insgesamt ist das Geld allerdings nicht da.

Wir haben jetzt das Problem, wie wir die Deutsche Oper und die Komische Oper finanzieren.

Muss jetzt die Deutsche Oper abspecken?

Nein, sie muss ihre Einnahmen steigern. Die Staatsoper nimmt 14 Millionen Mark jährlich aus Kartenverkäufen ein, bei der Deutschen Oper sind es nur 10 Millionen – obwohl sie mehr Plätze hat und öfter spielt.

Wenn die Staatsoper Wagner spielen darf – muss die Deutsche Oper darauf verzichten?

Natürlich nicht. In das große Haus gehören auch die großen Opern. Für die Abgrenzung, die der Kultursenator wollte, hätte man ein überzeugendes Personalkonzept gebraucht. Das hat Stölzl aber nicht vorgelegt. Er ist nach Chicago gefahren und mit der Nachricht zurückgekehrt: Barenboim kommt nicht. Das war offensichtlich falsch.

Soll das heißen: Stölzl wollte Barenboim vor die Tür setzen?

Stölzl kam jedenfalls mit der Botschaft zurück: Barenboim will 10 Millionen Mark mehr, sonst kommt er nicht. Dann hat Barenboim erklären lassen: Er will nur 3,5 Millionen, und selbstverständlich ist er bereit, in Berlin zu bleiben. Hier hat die Kulturverwaltung nicht seriös gearbeitet, und die Wirkung war fatal.

Ist Stölzl mit der Opernreform überfordert?

Eine solche Reform ist ein schwieriges Unterfangen. Im Opernbereich spielen sehr viele Kräfte mit. Offensichtlich hat Herr Stölzl seine Kräfte überschätzt.

Was muss er jetzt tun?

Jetzt muss er sehen, was noch zu retten ist. Er will am 11. Dezember ein neues Konzept präsentieren. Ich bin gespannt, was von seinem Papier noch übrig bleibt.

Wenn er das nicht schafft: kann er dann Kultursenator bleiben?

Neben der Opernreform gibt es noch viele Aufgaben für ihn. Für die Opern hat er wenigstens einen Vorschlag gemacht, auch wenn er sich nicht verwirklichen lässt. Bei den Theatern hat er noch gar keine Antwort gegeben. Da hat er noch viel zu tun.

Sie haben seine Amtsführung von Anfang an sehr kritisch begleitet. Schon seine Wahl hatten Sie nur als „akzeptabel“ bezeichnet. Haben sich Ihre Bedenken jetzt bestätigt?

Herr Stölzl ist eine hervorragende Persönlichkeit aus dem Kulturbereich. Aber die Aufgaben eines Senators unterscheiden sich von denen eines Museumsdirektors oder Feuilletonchefs. Es reicht nicht aus, sich in der Kultur auszukennen. Man muss durchsetzungsfähig sein. Beim Opernkonzept habe ich seinen Mut bewundert. Die Fortune hat er leider nicht gehabt.

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