: Autofrei Wohnen mit Parkplatz vor der Nase
■ Projekt Saarlandstraße befürchtet für die Zukunft erheblichen Autolärm durch Bauvorhaben
Die BewohnerInnen des Autofreien Wohnprojekts Saarlandstraße befürchten, dass die ihnen gegebenen Versprechen nicht eingehalten werden. Anlass ist eine Sitzung des Hauptausschusses in Nord, auf der sich SPD und GAL weigerten, die wesentlichen Forderungen des Bebauungsplanes für den Gebäude-Riegel, der die autofreie Siedlung schützen soll, zu bekräftigen. „Wir erwarten von der SPD, dass keine Befreiungen vom Bebauungsplan erlaubt werden“, sagte Beate Christians vom Wohnprojekt der taz hamburg.
Eine Bewerberin für den Gebäude-Riegel, die Firma Frank Heimbau, hatte nach Informationen der BewohnerInnen eine Lösung vorgeschlagen, die in verschiedenen Punkten nicht mit dem Bebauungsplan vereinbar wäre: Das geplante Hotel sollte eine vergrößerte Durchfahrt erhalten, damit Busse in den Hof direkt vor die Nase des autofreien Wohnprojekts rollen könnten. Statt des geforderten einen Baukörpers, der Autofrei Wohnen vom Lärm der Saarlandstraße abschirmen sollte, waren zwei geplant, die überdies ein Stockwerk höher sein sollten, als es der Bebauungsplan erlaubt.
Besonders die Details am Rande machten die BewohnerInnen misstrauisch: Zum einen ist die Bewerbung einer konkurrierenden Inves-torengruppe aus HaGG und Eisenbahn-Bauverein in der Kommission für Bodenordnung zunächst gar nicht erwähnt worden. Das wurde moniert, und die Kommission, die darüber entscheidet, an wen die Stadt das Grundstück verkauft, verwies die Sache an der Bezirk. Dort nahm man beide Bewerbungen zur Kenntnis, weigerte sich jedoch, sich für eine zu entscheiden. „Es sind zwei fast identische Projekte“, sagte der SPD-Abgeordnete Thomas Domres der taz hamburg.
Zum anderen wird Frank Heimbau vom ehemaligen Bezirksamtsleiter von Nord, Jochen von Maydell, beraten. Dieser hatte sich vor sechs Jahren für einen Kompromiss mit der Firma eingesetzt: Der Bezirk sollte auf Vertragsstrafe von 1,5 Millionen Mark verzichten, wenn Frank zu einer Spende von 600.000 Mark für bezirkliche Projekte in Winterhude und Dulsberg bereit wäre. Um langwierigen Prozessen um die Konventionalstrafe aus dem Wege zu gehen, stimmte die Bezirksversammlung zu.
Wegen des Misstrauens und der Ängste der Leute von Autofrei Wohnen beantragte die CDU eine Stellungnahme des Hauptausschusses, die die für Autofrei Wohnen wesentlichen Punkte des Bebauungsplanes für „unabdingbar“ erklärte. SPD und GAL lehnten ab. Abweichungen vom Plan müssten im Rahmen von Ermessensentscheidungen möglich sein, argumentierte Domres. „Wenn man das Ermessen von vornherein auf Null setzt“, so der SPD-Mann, „handelt man rechtswidrig“. Martina Gregersen von der GAL sagte, über Befreiungen vom Bebauungsplan werde erst gesprochen, wenn ein Bauantrag gestellt sei.
Beide Koalitionspartner bekräftigten gleichwohl, sie stünden zum Inhalt des Plans. „Wir werden natürlich nicht einen Parkplatz vor den Türen des autofreien Wohnens zulassen“, versicherte Domres. „Das Projekt kann sich sicher sein, dass die GAL alles tut, um in seinem Sinne zu einer Entscheidung zu kommen“, versprach Waltraud Greiser von der GAL Nord.
Matthias Quistorff von Frank Heimbau sieht seine Firma als Opfer des beginnenden Wahlkampfes. „Das ist alles abwegig“, sagte er der taz. „Hier werden Dinge vorgehalten und befürchtet, die weder dem Bebauungsplan noch der Planung, die wir eingereicht haben, entsprechen.“ Weder seien Parkplätze hinter dem Hotel geplant, noch mehrere Gebäude oder gar mehrere Durchfahrten.
Von Maydell sei als freiberuflicher Berater für Frank Heimbau tätig. Daraus Mauscheleien zwischen den Behörden und seiner Firma abzuleiten, findet Quistorff „wirklich hinterfotzig“. Gernot Knödler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen