Ein Delikt, das niemals verjährt

■ 1982 wurde Lore F. in Planten un Blomen vergewaltigt und ermordet. Jetzt begann der Prozess gegen mutmaßlichen Täter

Die Zuschauerbänke sind leer. Der Sohn der ermordeten Frau ist nicht zum Prozess erschienen, auch nicht die Freundinnen, mit denen sie oft ins „Café Kranzler“ im CCH zum Tanzen ging. Die Akten waren so lange geschlossen, das Entsetzen und die Trauer sind über die Jahre abgeschwächt, und jetzt, 18 Jahre später, sitzt plötzlich der Mann vor dem Hamburger Landgericht, der damals Lore F. in Planten un Blomen vergewaltigt und ermordet haben soll. Ein Spaziergänger entdeckte im Februar 1982 die 51-Jährige tot in einem Gebüsch.

Jahrelang tappte die Polizei im Dunkeln, hatte die Ermittlungen längst eingestellt, bis im März diesen Jahres auf der Revierwache in Plön ein Anruf einging. Ein Mann meldete sich, die Stimme weinerlich und vom Alkohol verzerrt, und kündigte an, endlich sein Gewissen entlasten zu wollen. „Ich werde damit nicht fertig“, sagte er, als Minuten später Beamten vor ihm standen, und berichtete ihnen, vor 18 Jahren Zeuge des Sexualmordes gewesen zu sein: Zusammen mit seinem Kumpel Peter Alfred Sch. habe er am Spätnachmittag im Feb-ruar 1982 auf einer Parkbank in Planten un Blomen gesessen. Die Schapsflasche war schon erheblich geleert, als Lore F. an den Männern vorüberging. Peter Sch. stand auf und ging der Frau nach, irgendwann, als er nicht länger warten wollte, folgte Klaus H. den beiden.

Er sah, sagte er vor der Polizei, wie sein Kumpel auf der Frau lag, versteckt im Gebüsch, und diese mit einem Schal erwürgte. Panisch sei er davongelaufen, habe nie einem Menschen davon erzählt, bis er diesen März mit seiner Frau bei melancholischer Musik zusammensaß und plötzlich in Tränen ausbrach.

Der Beschuldigte Peter Sch. lebte mittlerweile in Hessen, wo die Polizei ihn ausfindig machte und in Untersuchungshaft nahm. Die Vergewaltigung hat er zugegeben, den Mord abgestritten. Nach ihm, sagte er vor der Polizei, habe Klaus H. ebenfalls Lore F. vergewaltigt: „Bei mir hat sie noch gelebt.“ Allerdings wurden nur von ihm DNA-Spuren an der Leiche gefunden.

Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte jobbte stets als Gelegenheitsarbeiter. Damals, 1982, arbeitete er als Liftboy im Fernsehturm – nur wenige Meter von der Postfiliale entfernt, in der Lore F. angestellt war. Die Anklage unterstellt Peter Sch., die Frau aus Angst erdrosselt zu haben, dass sie ihn wiederkennen könnte. Mord ist ein Delikt, das niemals verjährt. Elke Spanner