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Auf Scharons schwarzer Liste

Mohammad Dahlan – palästinensischer Sicherheitschef und Friedensvermittler mit Weitblick

Wäre es nach Israels Oppositionsführer Ariel Scharon gegangen, dann hätte die Exekution Mohammad Dahlans die Antwort auf ein Sprengstoffattentat sein sollen, bei dem diese Woche zwei jüdische Siedler ums Leben gekommen sind. Dahlan, Chef des palästinensischen Sicherheitsdienstes im Gaza-Streifen, sei unmittelbar für den Anschlag verantwortlich zu machen, glaubt Scharon. Der israelische Nachrichtendienst Shin Beth ist zwar nicht der Auffassung, dass Dahlan von der Planung des Attentates wusste, dennoch habe er grundsätzlich „grünes Licht für Terrorattentate“ erteilt. Dahlan steht zudem im Schussfeld der Kritik, nachdem Anfang der Woche einer seiner Sicherheitsoffiziere einen israelischen Soldaten erschoss. Sein Büro gehörte zu den Angriffszielen der israelischen Kampfhubschrauber, die am Montag den Gaza-Streifen bombardierten.

Der Enddreißiger hatte bereits vor vier Jahren angekündigt, dass „die Palästinensische Autonomieverwaltung eine Rückkehr zum bewaffneten Kampf nicht ausschließt“. Offiziell halten sich seine Männer indes an das Anfang der Woche von Palästinenserpräsident Jassir Arafat verhängte Schussverbot aus der Autonomiezone. Seit fast 20 Jahren gehört der als möglicher Nachfolger des Palästinenserpräsidenten gehandelte Sicherheitschef zu dessen engsten Verbündeten. Kurz nach den Osloer Einigungen holte Arafat den ambitionierten Dahlan zu den Friedensverhandlungen, die er bis heute gemeinsam mit Saeb Erikat leitet. Arafat beauftragte ihn zudem damit, einen Sicherheitsdienst aufzubauen. Heute ist Dahlan Chef des PSS, des „Preventive Security Service“, in Gaza. Dem PSS gehören insgesamt rund 5.000 Beamte an, die offiziell die Hauptaufgabe haben, militanten Aktionen der Oppositionsgruppen zuvorzukommen.

Dahlan schloss sich Ende der 70er-Jahre der Fatah-Bewegung an und geriet rasch in die höchsten Kreise. Jahrelang arbeitete er eng mit Abu Djihad zusammen, der als Vater der ersten Intifada in den Jahren von 1987 bis 1993 gilt. Dahlan „koordinierte“ die Aktionen vor Ort und avancierte wenige Jahre später zum Oberst. Elfmal verhafteten ihn die israelischen Militärs, bevor er 1988 des Landes verwiesen wurde. Er spricht fließend Hebräisch und unterhielt bis zum Beginn der Unruhen Ende September enge persönliche Kontakte zu seinem israelischen Counterpart Jom Tow Samia, dem israelischen Kommandanten des südlichen Abschnitts. Noch unmittelbar vor Ausbruch der Gewalt warnte er, dass es nach weiteren Misserfolgen im Friedensprozess „schwer werden kann, die Lage unter Kontrolle zu halten“.

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