: Ehestreit bei DaimlerChrysler
Immer mehr Manager müssen Chrysler verlassen. Angeblich war das Verhältnis zwischen Stuttgart und Detroit schon länger gespannt. Aktien auf Minusrekord
BERLIN taz ■ Vor zwei Jahren ließen sie sich als Traumpaar feiern, nun macht ihre Beziehungskrise Schlagzeilen: Daimler-Chef Jürgen Schrempp trennte sich gestern von weiteren Topmanagern der US-Sparte Chrysler. Vertriebschef Theodor Cunningham, Verwaltungschefin Kathleen Oswald und Kommunikationschef Tony Cervone verließen das Unternehmen. Bereits am Freitag hatte der Deutsche Dieter Zetsche, ein Vertrauter von Schrempp, den Amerikaner James P. Holden als Chrysler-Chef abgelöst. Spätestens damit habe sich als Übernahme entpuppt, was im November 1998 noch Fusion „unter Gleichen“ hieß, wettern amerikanische Medien nun. Schrempp gab zu: Diese Rhetorik habe man „aus psychologischen Gründen“ aufrechterhalten.
Letzte Woche hatte der Konzern bekannt gegeben, Chrysler habe im dritten Quartal umgerechnet 1,1 Milliarden Mark Verlust gemacht. Obendrein werde das vierte Quartal schlechter als erwartet ausfallen. Der Aktienkurs sank daraufhin auf ein Rekordtief. Zetsche kündigte in einer Rundmail an alle Mitarbeiter „schmerzhafte Maßnehmen“ an, um eine Wende zu erreichen.
Als Gründe für die Fehlprognose nannte Daimler-Sprecher Michael Pfister das Überangebot an Fahrzeugen auf dem US-Markt sowie schlechte Planung. „Die Nachfrage in den USA wird durch hohe Preisnachlässe aufrechterhalten“, sagte er. Da kann auf Dauer kein Gewinn eingefahren werden. Um die Überkapazitäten in den Werken abzubauen, sei es Sitte, „für ein paar Tage zu schließen“. Das habe auch Chrysler mit sieben Werken getan – ohne zuvor in Stuttgart Bescheid zu sagen. Schlecht geplant seien die Wechsel von einem Automodell auf das jeweils neue. Statt die Produktion „überlappend“ umzustellen, wie das in Stuttgart der Fall sei, wechselten bei Chrysler gleich mehrere Modelle auf einmal. Pfister: „Das bringt unnötig Kosten.“ Seit der Fusion hat Chrysler aber auch seine Hegemonie bei der Herstellung von Geländewagen verloren. Das drückt die Preise.
Das US-Magazin Wallstreet Journal nennt einen weiteren Grund für die Krise: Misstrauen und schlechte Kommunikation zwischen den „steifen Deutschen“ und den „schlafgertigeren Amerikanern“.
KATHARINA KOUFEN
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