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Das kleine BSE-Einmaleins

Antwort auf die wichtigsten Fragen zur Epidemie, zum Schnelltest, zum Futter und zu den Fleischpreisen

BERLIN taz ■ Was ist BSE? BSE steht für Bovine spongiforme Enzephalopathie, auf Deutsch also die Gehirnschwamm-Seuche bei Rindern. Die Krankheit ist ansteckend und wird nach allen bisherigen Erkenntnissen auch auf den Menschen als Creutzfeldt-Jakob-Krankheit übertragen – jedoch ist unklar, wie, mit welcher Häufigkeit, mit welchen Latenzzeiten, in denen der Erreger irgendwo lauert.

Was ist der Erreger? Nach derzeitigem Wissensstand sind es körpereigene Eiweiße, die Prionen. Sie kommen in ihrer normalen Form im Körper vor und sind harmlos. Verdrehen sich die langen Prionen-Moleküle auf eine bestimmte Art, werden sie plötzlich zu Krankheitserregern des BSE. Es gibt weder Arznei noch Impfstoff gegen die Epidemie.

Wie funktioniert ein BSE-Test? Im Schlachthof wird aus dem Hirn der toten Rinder mit einem speziellen Bohrlöffel eine Probe genommen. Beim weltweit verbreitetsten Test, dem Check der Züricher Firma Prionics, wird das Hirn verflüssigt und mit Antikörpern namens 6H4 versetzt. Diese Antikörper reagieren ausschließlich auf Spuren des BSE-spezifischen Prioneiweißes. Der Prionics- und andere Schnelltests liefern das Ergebnis schon nach etwa sieben Stunden – bevor also das Rindfleisch in den Mägen der Kunden verschwunden ist.

Warum haben die Rinder in Großbritannien ab 1985 epidemieartig BSE bekommen? Vermutlich, weil die Pflanzenfresser Tiermehl von schon erkrankten Kühen oder Schafen zum Fraß bekommen haben. Die Tierkadaver und Schlachtreste in Britannien wurden damals nach einer Abschwächung der Vorschriften nicht mehr ausreichend abgekocht, bevor sie zu Tiermehl weiter verarbeitet wurden. In Deutschland wurde Tiermehl – zumindest offiziell – nicht an Wiederkäuer verfüttert, sondern nur an Schweine, Geflügel und Fische.

Warum verfüttern Bauern überhaupt Tiermehl? Weil Masttiere schnell wachsen müssen – sonst fressen sie zu lange, kosten damit mehr, als der Verbraucher zahlen will. Außerdem wird das Fleisch zunehmend zäher, je älter ein Tier ist. Schnelles Wachstum heißt aber vor allem Aufbau großer Mengen an Muskelfleisch, also großen Eiweißbedarf. Und Tiermehl ist konzentriertes Eiweiß.

Was wären die Alternativen bei der Tierfütterung? Pflanzliches Eiweiß. Das heißt bei derzeitigen Weltmarktverhältnissen und -preisen vor allem Sojabohnen. Diese werden aber importiert aus Brasilien und den USA. Solche Mengen an Eiweiß an Tiere zu verfüttern ist eigentlich sehr ineffektiv. Viel besser wäre es, wenn die Menschen vermehrt pflanzliche Proteine zu sich nähmen. Eine andere Alternative für die Tiermast wäre langsameres Wachstum mit mehr Gras und Getreide im Futter. Dann aber würde das normale Fleisch etwas teurer. REINER METZGER

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