NPD ohne „Freie Radikale“

Angeführt vom Hamburger Rechtsextremisten Christian Worch distanzieren sich Neonazis von der NPD. Denn die Basis, erklären sie, verzeiht alles, nur keine Feigheit

„Es würde mich mit Schadenfreude erfüllen, diese Parteilinge im politischen Nichts wiederzufinden.“

In Berlin haben sie sich an diesem Wochenende nicht sehen lassen. Wo sonst unter dem Banner der NPD die Führungsspitze der deutschen Neonazis marschiert, konnte am Samstag der NPD-Vorsitzende Udo Voigt nur die zweite Garde für die Demonstration gegen das Verbot der NPD durch die Hauptstadt versammeln. Christian Worch, heimlicher Führer der NS-Anhänger, seine rechte Hand Thomas Wulff und das gesamte Spektrum der Freien Kameradschaften aus Norddeutschland, das mehrere hundert Personen umfasst, glänzten durch Abwesenheit. Und das nicht zufällig.

Ein Blick auf die interne Kommunikation der Neonazis zeigt, dass sich die organisierten Kader der Freien Kameradschaften insbesondere in Westdeutschland längst wieder von der NPD absetzen. Allen Versuchen Voigts, die Neonazis einzubinden und damit zu einer relevanten Kraft heranzuwachsen, zum Trotz. So schreibt Christian Worch vor wenigen Tagen im rechtsextremen störtebeker.net: „Es würde mich mit einer gewissen Schadenfreude erfüllen, all diese Parteilinge im politischen und organisatorischen Nichts wiederzufinden. Die unbegründete und unbegründbare parteiliche Arroganz zu Staub zerfliegen zu sehen, den Vorzug der Staatsknete umgewandelt zu sehen in den Nachteil des Staatsverbots.“

Worchs Worte haben in der Szene Gewicht. Seit einem Jahrzehnt führt der Hamburger Rechtsextremist das Erbe des einst tonangebenden Neonazi der Republik, Michael Kühnen, fort. Ein Erbe, dass der Radikalisierung verpflichtet ist, der „Machtübernahme“, nicht der demokratischen Akzeptanz rechtsextremer Worte und Taten.

So begrüßt Worch das geplante NPD-Verbot mit den Worten: „Das System lässt die Maske fallen.“ Damit würden „Kräfte freigesetzt, die zur Zeit innerhalb der NPD gebunden sind; Kräfte, die dann gewissermaßen zu ,freien Radikalen‘ würden“. Diese Kräfte, so Worch, gewänne dann der echte nationale Widerstand.

Schon als die NPD im August angekündigt hatte, vorerst auf Aufmärsche zu verzichten, hatte Worch der NPD-Führung Feigheit vorgeworfen. Und fügte an: „Die Basis verzeiht Dummheit, die Basis verzeiht Faulheit, mangelnde Fähigkeiten, alles Mögliche – aber nicht Feigheit.“ Wer so verräterisch mit der gemeinsamen Sache umgehe, könne nicht länger beanspruchen, die führende Kraft rechtsaußen zu sein. Deshalb erklärte Worch die Friedenspflicht gegenüber dem „früheren Bündnispartner“ für beendet. Worch selbst hatte in der Vergangenheit mehrfach für Demonstrationen Unterschlupf bei der NPD gefunden.

NPD-Sprecher Klaus Beier bestätigte gestern der taz: „Es existieren schon seit längerem Spannungen.“ Diese beschränkten sich aber weitgehend auf die Person Worch. Der beanspruche, mehr Nationalisten auf die Straße zu bringen als die NPD. Von einem Bruch mit dem neonazistischen Lager der Freien Kameradschaften könne aber nicht die Rede sein. „Wir bleiben weiterhin nach allen Seiten offen.“

BARBARA JUNGE