: Unplugged und exklusiv
■ Der Singer/Songwriter John Hiatt gab fast unbemerkt ein Konzert im Moments und stellte dabei seine neueste CD vor
Das hat es so in Bremen wohl auch noch nie gegeben: Da trat im Moments mit John Hiatt einer der großen Namen der US-amerikanischen Songwriterszene auf, und kein Plakat war zu sehen, keine Karte käuflich zu erwerben. Nur wer auf der Gästeliste stand, durfte hinein, und die war so klein gehalten, dass sogar einige Sitzplätze frei blieben.
Hiatt hatte eigentlich nur einige Interviewtermine in Deutschland, um seine neue CD „Crossing Muddy Waters“ vorzustellen, und irgendwie haben ihn die Redakteure der Jazz & Popredaktion von Radio Bremen Zwei dazu überredet, hier (und nur hier) einen kleinen Auftritt einzuschieben. Das galt dann offiziell nicht als Konzert, dauerte nur eine Stunde und der Veranstalter durfte keinen Eintritt verlangen.
Sehr sparsam und rau spielte Hiatt solo und begleitete sich selbst auf seinen Gitarren, einem E-Piano und mit seinen den Rhythmus stampfenden Füßen. Hiatt entpuppte sich als sehr intensiver Performer mit Witz und Charisma. Die Distanz zwischen Bühne und Publikum hatte er schon nach dem ersten Song aufgehoben, und dann schien es fast, als würde man bei ihm zu Hause sitzen und zuhören, wie er rein zum Vergnügen ein paar Songs zum Besten gibt. Seine Musik, seine Texte, seine Ausstrahlung wirkten ungekünstelt und ehrlich und wenn er (wie in fast allen neuen Songs) von zerbrochenen Beziehungen erzählte, dann ging seine Musik ans Gemüt, gerade weil er ernüchternd, lakonisch und mit Selbstironie davon sang.
Dass dies zwar nach einer langen Durststrecke endlich wieder eine gelungene Produktion von Hiatt ist, die aber nicht ganz mit seinen besten Songs mithalten kann, belegte er gleich selbst bei seinem Auftritt. Denn er sang auch drei Songs aus seiner Platte „Bring the Family“ von 1987, und bei diesen Klassikern („Memphis in the Meantime“, „Your Dad Did“ und die wunderbare Ray Charles-Hommage „Have a Little Faith in me“) ging die Post ganz anders ab. Damals war Hiatts ganz eigene Mischung aus Rock'n'Roll, Blues, Country und Folk noch ganz frisch, und so inspiriert hat er wohl nie wieder geschrieben, gespielt und gesungen.
John Hiatts jetzige Stippvisite war gegenüber seinem letzten, legendären Auftritt in der Schauburg vor 13 Jahren eine gemütliche, sehr angenehme und prägnante One-Man-Show, bei der man wegen der Enge des Raumes, auf der Bühne vom Vorhang nur halb verborgen, auch noch Hiatts „Gitarrenwart“ beim Stimmen der diversen Instrumente zusehen konnte. Und als dann eine Saite riss, erlebte man, wie perfekt die beiden zusammenarbeiteten: Während Hiatt kurz einen Refrain a-capella sang, operierten er und sein Assistent „am offenen Liede“ und wechselten mit einem traumhaft sicheren Timing die Gitarren, sodass man bei der Übertragung des Mitschnitts am 7. Februar auf Radio Bremen 2 sicher keinen falschen Ton hören wird.
Wilfried Hippen
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