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Bremer Grünen-Fraktion fordert: „Mehr Bildung für alle!“

■ Grüne kritisieren einseitige aber gefährliche Fixierung auf die Abi-Elite-Förderung und stellt Eckpunkte vor

Das Problemkind des Bremer Schulsystems ist nach Ansicht der Grünen die Mittelstufe („Sekundarstufe 1“). Das aktuelle bildungspolitische Tauziehen zwischen den Koalitionsparteien CDU und SPD schade der Sekundarstufe 1 zudem, anstatt ihr zu helfen. So zwei Fazits der Fraktion gestern bei der Vorstellung ihrer bildungspolitischen „Eckpunkte“.

Bei den Abschlussprüfungen im Handwerk sind 43 Prozent der Maler und 37 Prozent der Tischler in Bremen durchgefallen und zwar aufgrund ihrer Defizite im theoretischen Bereich. „Das ist kein gutes Zeugnis für „Sek 1“, so Dieter Mützelburg, bildungspolitischer Sprecher der Grünen. Denn was da abgefragt werde, sei der Stoff der Sekundarstufe 1. Schulreform müsse sich um die Inhalte kümmern und vor allem in dem Bereich der Mittelstufe ansetzen.

Wenn zudem, wie die CDU es will, die Gymnasien gestärkt würden und eventuell in der Neustadt ein weiteres dazu käme, dann sei dies vielleicht im Interesse eines „kleinen Teils der Eltern“, zerschlage aber letztlich die Sekundarstufen-Zentren. Schon jetzt gebe es an vielen Sek-1-Zentren nur Gymnasial-Schüler für eine Klasse.

Auch die „Schnellläufer“-Modelle seien für diese Schulstufe oft nur ein „Chaosprogramm“. Kern der Reform muss stattdessen nach der Vorstellung der Grünen die Reform der Sekundarstufe 1 sein. Die „Orientierungsstufe“ (Klassen fünf und sechs) sollte in eine zweijährige „Orientierungsphase“ umbenannt und organisatorisch den Sek-1-Schulen zugeschlagen werden. Um „binnendifferenziert“ arbeiten zu können, dürften in den Klassen 5 und 6 nicht mehr als 20 SchülerInnen sitzen. Von äußerer Leistungsdifferenzierung in dieser Phase halten die Grünen nichts.

Auch für lernstarke Kinder sollte nachmittags Programme in „Lernstationen“ angeboten werden – ein Schritt hin zur Ganztagsschule. Schon in der Sekundarstufe 1 sollte es mehr Praktika und staatlich geförderte Auslandsaufenthalte geben.

Die Grünen wollen nicht nur im Elite-„Schnellläufer“-Kurs, sondern für alle Schüler das Abitur in zwölf Jahren anbieten. In der Sekundarstufe 1 soll es aber keine weiter gehende horizontale Differenzierung geben, für alle soll das Niveau angehoben werden. Dann kann, so erklärte der grüne Bildungsdeputierte Jan Fries, viel Leerlauf in der 11. Klasse vermieden werden. Die Sekundarstufe 2 (Oberstufe) könnte in zwei Jahren zum Abi führen. Das dritte Jahr könnten die einen, die „Förderbedarf“ haben, nutzen, um aufzuholen; andere könnten ein Jahr ins Ausland gehen oder ein Praktikums-Jahr einlegen. Oder eben „stringent“ durchziehen und dann schon im Alter von 18 Jahren das Abi machen.

Die Verkürzung der Oberstufe um ein Jahr würde etwa zwölf Prozent der Sek-2-Lehrerstellen einsparen. Insgesamt würden die Grünen aber mehr Geld für Bildung ausgeben wollen: Mehr für die Bausanierung, mehr für Betreuungskräfte und mehr für neue, junge LehrerInnen. K.W.

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